Mitten in Bayern:Heimat ist dort, wo man daheim ist

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Die Sendung "Hart aber fair" zeigt einmal mehr, dass mit dem Begriff Schindluder getrieben wird. Ausgerechnet Hubert Aiwanger gibt sich lässig

Kolumne von Sebastian Beck

Wenn Frank Plasberg in "Hart aber fair" das Thema Heimat diskutiert, dann ahnt man schon, was kommt: Es geht in erster Linie um Konfrontation. Insofern wurden die Erwartungen der Fernsehzuschauer am Montagabend auch nicht enttäuscht. Erstaunlich war aber, dass ausgerechnet der Quotenbayer unter den Diskutanten am lockersten blieb: Hubert Aiwanger, wie immer deutlich hörbar aus Niederbayern, ließ sich gar nicht erst als Provinzler vorführen.

Jeder Mensch könne in seinem Leben mehrere Heimaten haben, lautete eine seiner Aussagen. Und außerdem solle man den Leuten halt einfach das lassen, was sie sich selbst als Heimat zurecht legen. Das klang doch ziemlich liberal und unaufgeregt, was vielleicht nicht ganz zum Format der Sendung passt, aber zu einem klugen Umgang mit dem Heimatbegriff. In die Heimat wird gerade sehr viel von rechts und links hineingedeutet, vielleicht auch bloß deshalb, damit man was hat, worüber man sich aufregen kann, wenn es sonst keine größeren Probleme gibt.

Bayerns Heimatwelten sind so vielschichtig wie die Menschen, die sie bevölkern: Wer sich zum Beispiel mit Leuten vom Samerberg unterhält, der spürt, dass es ihnen dort droben über dem Chiemsee ziemlich gut gefällt. Den meisten jedenfalls. Es ist bei ihnen auch so etwas wie Lokalpatriotismus rauszuhören, und es gibt viele, die sich in der Gemeinde oder der Nachbarschaft engagieren. Wenn dort jemand dann ganz selbstverständlich sagt: "Der Samerberg ist meine Heimat", dann käme niemand auf die Idee, darin etwas Verwerfliches zu sehen. Wenn in einer Wirtschaft wie neulich bei Grafenau die Männer am Stammtisch ihre Köpfe zusammenstecken und sich AfD-Parolen zuraunen, dann bekommt Heimat einen ganz anderen Zungenschlag. Dann kann man auch diejenigen verstehen, die bei dem Wort einen Druck auf der Brust verspüren.

Und was ist jetzt die Erkenntnis? Der Begriff Heimat ist so ambivalent wie fast alles auf der Welt. Vielleicht ist Heimat auch einfach nur der Ort, an dem man sich regelmäßig seine Leberkässemmel kauft. Oder anders ausgedrückt und hiermit letztgültig definiert: Heimat ist dort, wo man daheim ist.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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