Mitten in Bayern:Franken wird Filmstar

Lesezeit: 1 min

Bei manchen soll es ja länger dauern, bis sie die Vorzüge Frankens entdecken. Besonders, wenn sich Oberbayern immer davor drängt. Jetzt hat Michael Bully Herbig in Oberfranken gedreht. Keinen Liebesfilm. Obwohl er sehr nette Worte findet

Kolumne von Claudia Henzler

Geschwister einigen sich oft unbewusst auf eine klare Rollenaufteilung, da sucht sich die schlaue Schwester ihren Platz neben dem sportlichen Erstgeborenen und dem frechen Nachzügler. So kann jeder glänzen und sich als etwas Besonderes fühlen. Ähnlich könnte es bei den bayerischen Bezirken sein, wenn nur dieser oberbayerische Streber nicht wäre, der immer alle in den Schatten stellt. Die drei fränkischen Schwestern waren wegen dieses Traumas lange in Behandlung, und das zeigt mittlerweile erste Erfolge. So sind immer mehr Regionen des Jammerns leid und starten selbstbewusste Imagekampagnen, in denen sie ihre eigenen Stärken und Eigenheiten herausstellen.

Im oberfränkischen Naila ist man zum Beispiel stolz darauf, dass die Stadt im September 1979 im Licht der Weltöffentlichkeit stand. Dort endete jene spektakuläre Flucht zweier Familien aus der DDR, die gerade der Kinofilm "Ballon" erzählt. Die selbstgenähte Ballonhülle war danach lange im Heimatmuseum zu sehen, bis zum vergangenen Jahr, als das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg seine Finger ausstreckte. Nicht alle Oberfranken fanden diesen Umzug erfreulich, auch wenn der Ballon "zunächst" nur für zwei Jahre verliehen wurde. Es wäre ja nicht das erste Stück aus Franken, das auf Nimmerwiedersehen in einem Staatsmuseum verschwindet.

Doch "Ballon"-Regisseur Michael Herbig lässt das alles fast vergessen. Er hat einige Teile von "Ballon" in Oberfranken gedreht, vor allem in Nordhalben, zwanzig Kilometer von Naila entfernt. Jetzt hat er in der Frankenpost in einem Interview verraten, was er von Oberfranken hält: "Es war Liebe auf den ersten Blick." Herbig schwärmt von der großen Hilfsbereitschaft der Einheimischen, von denen sich mancher sogar bereitwillig die Hausfassade umstreichen ließ. So etwas habe er noch nie erlebt: "Wenn uns ein Straßenschild im Weg stand, haben wir im Rathaus angerufen und gefragt, ob wir es entfernen dürften, und fünf Minuten später war es weg. Versuchen Sie das mal in München." Der Erfolgsregisseur ist nicht der erste Filmemacher, dem es in Oberfranken gefällt. Auch "Die kleine Hexe", "The Happy Prince" und "Arthurs Gesetz" mit Jan Josef Liefers wurden erst kürzlich dort gedreht.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: