Mitten in Bayern:Dubai ist Bayern, Bayern ist Dubai

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Die beiden Volksstämme pflegen mehr Gemeinsamkeiten, als man es für möglich hält. Sie fahren die gleichen Luxuslimousinen, arbeiten mit den gleichen Riesenmaschinen, und sie essen die gleichen Vanillekipferl

Kolumne von Simone Hirmer

Eine Reise nach Dubai, zu den ehemaligen Beduinen, die sich mit Ölmilliarden Mega-Hochhäuser, Skihallen und die luxuriösesten Hotels hingestellt haben, ist eine Reise in eine fremde Welt. Meint man zumindest, am Anfang. Und merkt aber schnell: Der Bayer und der Dubaier pflegen mehr Gemeinsamkeiten, als man glauben möchte. Der Bayer wird in Dubai praktisch auf Schritt und Tritt an daheim erinnert, das fängt schon mit den ganzen Q- und R- und X- und M-Autos an: Audi und BMW sind auf der Scheich-Zayed-Road weitaus prominenter vertreten als auf der A 9 zwischen München und Ingolstadt. Aus Schrobenhausen wiederum kommen die orange-blauen Riesenmaschinen auf den vielen Baustellen, sie stammen von der Firma Bauer. Ohne die gäbe es Dubai quasi gar nicht. Die Familie hat sich auf den ganz verzwickten Spezialtiefbau spezialisiert, und jetzt rufen die Scheichs bei jedem größeren Bauvorhaben in Schrobenhausen an. Unter anderem haben Tiefenrüttler aus dem Hause Bauer die künstliche Insel Palm Jumeirah befestigt, und der Wolkenkratzer Burj Khalifa steht auf 850 Bauer-Pfählen, sonst würde er nämlich umfallen.

Großartig natürlich auch: Der Stammtisch gehört im Emirat zur Staatsräson. Einmal in der Woche sitzen der Herrscher und die Dubaier Mannsbilder bei einer sogenannten Majlis zusammen, um über Gott und die Welt zu debattieren. Freilich auf Arabisch - aber das ist dem bairischen Idiom ja recht ähnlich. Auch Arabisch ist eine höchst effizient-prägnante Sprache, oft reicht eine Lautänderung an einer Wortwurzel, und schon ist alles gesagt. Vergleichbar ist dieses Phänomen mit der Verwendung des Wortes "zwei" in Ober- und Niederbayern: Mit "zwee" sind zwei Männer gemeint, mit "zwo" zwei Frauen und mit "zwoa" ein Mann und eine Frau. Der Araber hat dieses sympathische Wortsparprinzip geradezu perfektioniert, da können die Bayern noch was von ihm lernen.

Wie viel Bayern in Dubai steckt und umgekehrt, das zeigt sich am Überzeugendsten bei "Vivel", das ist die Luxus-Patisserie des Emirats. Dort liegen in der Theke, zwischen Dattelpralinen, Feigenschäumchen und Pistazienröllchen, doch tatsächlich Vanillekipferl, genannt "Kipfriel", daneben warten Engelsaugen, auch als Husarenknöpf bekannt, und Spitzbuam auf Kundschaft. Der Verkäufer - ehrlicherweise sei hinzugefügt: ein Lehrling - bleibt dabei: Das seien rein emiratische Kreationen! Das hat natürlich keiner ahnen können, dass bayerische Plätzerl beduinische Wurzeln haben. Aber Reisen bildet eben.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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