Mitten in Bayern:Die Wegducker im Ministerium

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Bei den mittelfränkischen Bezirkskliniken herrscht ein nicht unumstrittener Klinikvorstand - vorsichtig formuliert. Und doch scheint man sich im Innenministerium lieber aus der Causa Nawratil heraushalten zu wollen

Kolumne von Uwe Ritzer

Nur mal kurz dahingedacht: Fünf Monate vor einer für die CSU noch lange nicht gewonnenen Landtagswahl, an die auch Bezirkstagswahlen geknüpft sind, würde das Innenministerium mit dem mittelfränkischen CSU-Minister Joachim Herrmann an der Spitze feststellen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht bei den mittelfränkischen Bezirkskliniken, der Psychiatrie-Tochter des CSU-dominierten Bezirkstages. So weit kommt es natürlich nicht.

Wir erinnern uns: Der als selbstherrlich beleumundete Klinikvorstand Helmut Nawratil steht wegen seines Geschäftsgebarens und seiner Menschenführung gleichermaßen in der Kritik. Davon abgesehen klappt scheinbar kaum ein Großprojekt, das er verantwortet. Nawratil ficht das aber nicht an, denn CSU und SPD stehen treu zu ihm. So veröffentlichte die Bezirkstags-CSU im Internet das Ergebnis einer rechtsaufsichtlichen Prüfung durch das Innenministerium. Lesen Sie selbst, hieß es sinngemäß, gemeint war: Hier ist der Beweis, dass an den "anonymen Behauptungen und anonymen Denunzierungen" nichts dran ist. Wer die 54 Seiten aber präzise liest, dem offenbart sich keineswegs ein ministerieller Segen für das merkwürdige Management des Herrn Nawratil. Manches in dem Bericht ist auch falsch und leicht widerlegbar, wie die Behauptung, es habe sich nur ein Mitarbeiter über Nawratil beim Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch beschwert. Es waren mehr.

Überhaupt duckt sich das Ministerium zu allen öffentlich gewordenen Fällen von fragwürdigem Umgang mit Mitarbeitern weg. Nicht zuständig. Nawratils Gehaltserhöhung um fast 50 Prozent? Ermessenssache. Von peinlicher Oberflächlichkeit zeugt der Umgang in Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen im sechsstelligen Euro-Bereich ohne vorherige EU-weite Ausschreibung. Mangels "ausreichender Dokumente", sei "nicht abschließend belegt", dass alles korrekt war. Schlamperei also, mindestens. Statt dies zu rügen, glauben die Rechtsaufseher lieber Nawratils Version, wonach ganz bestimmt alles korrekt gelaufen sei.

Die Wegduckerei gipfelt im ministeriellen Rat, bei besonders heiklen Themen doch eine Sonderprüfung durch externe Gutachter abzuwarten. Deren Ergebnis wird im Herbst erwartet. Nach der Wahl.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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