Mitten in Bayern:Die Helden aus der CSU-Fraktion

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Die CSU-Landtagsfraktion versteht sich selbst als Machtzentrum, das bayerische Ministerpräsidenten stützen oder stürzen kann. Augenblicklich gleicht sie im Asylstreit aber eher einem Tiger, der losspringt und als Bettvorleger landet

Kolumne Von Wolfgang Wittl

Eine der ersten großen Schlachten im ewig anmutenden Flüchtlingsstreit zwischen CSU und Kanzlerin trug sich anno 2016 in den Räumen eines ehemaligen Sanatoriums zu. Gleich zweimal war Angela Merkel in jenen Januartagen ins verschneite Wildbad Kreuth gekommen. Erst sprach sie mit der Landesgruppe, zwei Wochen später mit der Landtagsfraktion. Letztere hatte mit großem Getöse angekündigt, man werde Merkel schon zeigen, wie die Dinge in Bayern laufen. Tatsächlich gab es Abgeordnete, die Merkel die Stirn boten. Drei von ihnen sitzen jetzt übrigens in der Staatskanzlei: Markus Söder und seine Minister Florian Herrmann und Georg Eisenreich.

Manche zeigten sich aber auch schwer beeindruckt. Die Kanzlerin habe schlüssig argumentiert, staunten sie. Und Kurs gehalten habe sie auch, obwohl sie es immerhin mit der CSU-Landtagsfraktion zu tun gehabt habe. Mit der LANDTAGSFRAKTION! Schon seltsam: Da sitzt eine Frau, die täglich mit mehr oder weniger bedeutsamen Staatenführern über Weltpolitik verhandelt, in Oberbayern und knickt nicht mal vor einer Landtagsfraktion ein. Nur zur Sicherheit, falls jemand das nicht weiß: Die Fraktion versteht sich als Kraftzentrum der CSU, sie kann Ministerpräsidenten stützen und stürzen, Edmund Stoiber und Horst Seehofer können darüber einiges erzählen.

Seehofer, den die Landtagsfraktion damals noch stützte, ahnte offenbar, wie es um die Standhaftigkeit seiner Leute bestellt ist. Sofort nach dem Treffen stellte er klar, dass die CSU hart bleiben werde. Er wisse ja, wie das laufe, spöttelte Seehofer: So mancher Held, der vorher große Töne spucke, fahre heim zu Mutti und berichte stolz, er sei mit Merkel am Tisch gesessen. Der Widerstand? Vergessen!

Auch jetzt zog die Fraktion mit Verve in die Schlacht. Merkel müsse weg, empörten sich Abgeordnete, zumindest müsse sie im Asylstreit bezwungen werden. Nur so sei die Landtagswahl zu retten. Sogar über einen an Peinlichkeit schwer zu überbietenden Antrag über Seehofers bis dahin unbekannten Asylplan stimmte sie im Landtag ab. Das sollte der Kanzlerin wohl imponieren. Doch seitdem die Umfragewerte sinken und Söder Frieden mit Merkel befohlen hat, ist es in der sonst so lauten Fraktion ziemlich still geworden. Und um Seehofer plötzlich sehr einsam.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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