Mitten in Bayern:Der Mann, der die Berge verklärte

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Nur wenige Dichter und Künstler haben das Bild von Bayern so stark geprägt wie der aus Eschlkam stammende Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt. Er wurde 1906 sogar für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen

Kolumne von Hans Kratzer

Schriftsteller, nach denen Straßen benannt sind, denen Denkmäler errichtet wurden und die sogar für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen wurden, sind in Bayern eine Rarität. Keine Angst, es geht hier nicht um den ewigen Thomas Mann und sonstige steife Großliteraten. Die Rede ist von dem wundersamen, volkstümlichen Dichter Maximilian Schmidt (1832-1919), der unter seinem Beinamen Waldschmidt bekannt ist. Den hatte ihm Prinzregent Luitpold anno 1898 verliehen. Den Namenszusatz "genannt Waldschmidt" durfte er wie ein Adelsprädikat führen, und weil er erblich war, tragen heute mehr als ein Dutzend Nachfahren den originellen Familiennamen "Schmidt genannt Waldschmidt".

Die Klosterbibliothek Metten zeigt zu seinem 100. Todestag (8. Dezember) gerade eine Ausstellung. In Metten hatte der Dichter einst als Lateinschüler seine Liebe zur Waldheimat kultiviert. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms wurde Waldschmidt vom Volk geradezu heroisch gefeiert. Dies belegt der Spruch einer Kötztinger Wirtin, wonach die Leute keine Gebetbücher mehr gelesen hätten, als Waldschmidts Bücher aufkamen. Sie waren ihnen heilig genug. Als 1918 in Leipzig seine gesammelten Werke ediert wurden, füllten die Romane, Erzählungen und Gedichte stattliche 34 Bände, die aber, wie so vieles, irgendwann verstaubten.

Der 1984 im Heimatort Eschlkam gegründete Waldschmidt-Verein ist seitdem bestrebt, den Ruhm des Dichters weiterzutragen. Tatsächlich hat Waldschmidt das Bild von Bayern extrem geprägt. Der Literaturwissenschaftler Reinhard Wittmann sieht das nicht nur positiv. Denn Waldschmidt beschrieb den Bayerischen Wald und Oberbayern als eine heile Welt, die es so leider nie gab. Die Klischees wurden jedoch im Norden begierig aufgesogen und wirken nach bis heute. Waldschmidt brachte die Tourismuslawine quasi ins Rollen. Freilich, das gesteht auch Wittmann ein, tat er das in bester Absicht. Damals konnte er nicht ahnen, was er in der noch unberührten Bergheimat lostrat. Wie der Tourismus wird auch Waldschmidt noch lange durch die Medien geistern, selbst wenn keiner mehr vom Dichter sprechen sollte. Bundestrainer Löw hat kürzlich einen jungdynamischen Fußballer in die Nationalelf berufen. Sein Name ist Waldschmidt.

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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