Mitten in Bayern:Das netteste Finanzamt

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Ausgerechnet Eichstätt liegt im bundesweiten Ranking weit oben

Kolumne von Thomas balbierer

Es soll ja Menschen geben, die Spaß darin finden, sich einmal im Jahr durch Aktenordner zu kämpfen, Papierberge zu durchwühlen und solange Zahlen zu runden, bis es wehtut. Sie sprechen Begriffe wie "Werbungskostenpauschale" und "Verlustvortrag" mit einem solchen Genuss aus, als handle es sich um besonders edle Weine. Zu diesen Menschen gehören wohl auch jene 13 000, die sich an der Online-Umfrage eines Steuerratgebers beteiligt und das "kundenfreundlichste Finanzamt des Jahres 2018" gekürt haben. Spitzenreiter ist das Finanzamt im hessischen Fulda. Die bayerischen Ämter schneiden im deutschlandweiten Ranking nicht gut ab. Bayern landet nur auf Platz 10 der 16 Bundesländer. Selbst Berlin liegt weit vor uns. Berlin! Das ist fast so, als würde der FC Bayern zweistellig gegen Hertha BSC verlieren. Der weiß-blaue Lichtblick: das Finanzamt Eichstätt. Als einzige bayerische Behörde hat es den Sprung in die Top 20 geschafft und belegt Platz 7.

Dass nun gerade Eichstätt dem Rest des Freistaates vormachen muss, wie man Finanzgeschäfte zufriedenstellend abwickelt, wirkt wie ein Scherz mit schlechtem Timing. Eichstätt und Finanzen - war da nicht was? In einem Ranking der beliebtesten Bistümer würde das vom Finanzskandal geplagte Bistum Eichstätt derzeit wohl eher weiter hinten rangieren. Okay, Kirche und Stadt in einen Topf zu schmeißen und kräftig drin zu rühren, ist natürlich nicht ganz fair. Deshalb, ehrlich und aufrichtig: Glückwunsch, liebe Eichstätter Finanzbeamte. Laut der Pressemitteilung von Steuertipps.de zeichnen Sie sich durch Freundlichkeit, Geschwindigkeit und Erreichbarkeit aus. Trotz des Erfolgs gibt sich Behördenleiter Christian Neumüller im Eichstätter Kurier bescheiden und sagt: "Wir sind immer bemüht, möglichst zügig und kundenfreundlich zu arbeiten." Außerdem hätten die 137 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ja "elektronische Unterstützung". Eine Sensationsmeldung, die in anderen Finanzämtern Bayerns verloren gegangen sein muss - vermutlich zwischen der Brieftaubenpost und den Steuererklärungen des Jahres 1998.

Schade nur, dass die Steuersätze in Eichstätt ganz und gar durchschnittlich sind. Aber daran kann auch der freundlichste Sachbearbeiter nichts ändern.

© SZ vom 19.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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