Mitten in Bayern:Babel in Franken

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Um hierzulande zurechtzukommen, muss man die deutsche Sprache beherrschen. Doch ihre Manningfaltigkeit kann ungeahnte Aktionen auslösen

Von Katja Auer

Wer in Deutschland zurechtkommen will, der muss die Sprache können, heißt es zurzeit allerorten. Asylbewerber sind zumeist angesprochen, weil hierzulande halt kaum jemand Farsi spricht. Zum Beispiel. Haben sie dann Deutsch gelernt, wird es sie aber möglicherweise überraschen, dass sie trotzdem kaum etwas verstehen von der neuen Sprache, weil sie im Allgäu gelandet sind oder im Landkreis Cham. Da hilft der beste Deutschkurs nichts.

Die deutsche Sprache ist wunderbar vielfältig, das zeigt schon die immer wieder gern diskutierte Frage, wie das Endstück eines Brotes zu nennen sei. Allein in Bayern gibt es dafür schier unzählige Antworten, vom Scherzl über das Renkerl bis hin zum Baggerla.

Diese sprachliche Mannigfaltigkeit haben zwei auswärtige Lastwagenfahrer ihrer Entschuldigung dafür zugrunde gelegt, warum sie jüngst Fahrerflucht begingen. Sie hatten die Dachrinne des Büttnermuseums in Weißenbrunn bei Kronach beschädigt und waren einfach weitergefahren. Zwar seien sie von den Dorfbewohnern wohl auf den Schaden aufmerksam gemacht worden, sagten sie, als die Polizei sie nun ausfindig machte. Allerdings hätten sie das nicht begriffen, sie hätten den oberfränkischen Dialekt schlicht nicht verstanden.

Nun ist die Mundart im Frankenwald tatsächlich eine eigenwillige, eingefärbt von dunklen Vokalen und ungebunden von vielen gängigen Grammatikregeln. Geh her bei mich, sagen die Kronacher, wenn sie jemanden zu sich rufen und lassen sich dabei von der andernorts üblichen Verwendung von Dativ und Akkusativ nicht beeindrucken. Des komma scho gesoch, das könnte man also schon sagen, dass der Dialekt für ungeübte Ohren erst mal etwas fremdartig erscheinen mag. Sehr fremdartig sogar, ja, aber dass die Lastwagenfahrer gar nichts verstanden haben wollen, hat die Polizei als Ausrede abgetan. Schließlich kamen die Männer nicht aus dem Ausland. Sondern aus Köln. Jener Gegend also, wo sie eine Käsesemmel einen halven Hahn nennen und die Blutwurst Flönz. Da hilft auch kein Deutschkurs. Das sollten sie überdenken, bevor sie andere Dialekte als unverständlich abtun. Noch dazu solche, in denen das klangvolle Wort Blunzn für die Wurst verwendet wird.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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