München (dpa/lby) - Der Freistaat Bayern will im März damit starten, Asylbewerbern und Flüchtlingen statt Bargeld eine Bezahlkarte auszuhändigen. Damit soll der Missbrauch von Leistungen begrenzt werden. Das Verfahren ist weiter umstritten. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Wie soll das Verfahren in Bayern starten?
Die Bezahlkarte wird nach Darstellung des zuständigen Innenministeriums zunächst in den drei Landkreisen Fürstenfeldbruck, Günzburg und Traunstein sowie in der kreisfreien Stadt Straubing ausprobiert. Dabei sollen Erfahrungen gesammelt und mögliche Schwächen ausgemerzt werden. Später soll das Verfahren landesweit ausgerollt werden - Termin bisher noch offen. Zielmarke ist aber das zweite Quartal dieses Jahres. Ministerpräsident Markus Söder zeigte sich den Zeitplan betreffend noch am Montag zuversichtlich. Man sei näher an der Präsentation, als daran, einen Arbeitskreis zu gründen sagte er süffisant.
Was bezweckt der Staat mit der Bezahlkarte?
Grundlage ist die Annahme, dass ein Teil der Asylbewerber das ihnen in Deutschland ausgehändigte Geld ins Ausland transferiert - entweder zur Unterstützung der Familien zu Hause. Oder aber sogar zur Bezahlung von illegalen Menschenhändlern, sogenannten Schleusern. Mit der Bezahlkarte soll dem ein Riegel vorgeschoben werden.
Ist diese Hoffnung realistisch?
Das Innenministerium sagt Ja! Andere sehen das kritischer. „Die Annahme der Existenz von wirtschaftlichen Pull-Faktoren ist wissenschaftlich nicht haltbar“, sagt Johanna Böhm vom bayerischen Flüchtlingsrat. „Dass Geflüchtete während ihres Verfahrens nennenswerte Beträge an die Familie ins Ausland überweisen, ist nicht belegt und eher abwegig.“ Der Deutschland-Chef des Kreditkartenanbieters MasterCard, Peter Robejsek, glaubt ebenfalls nicht an die Wirkung der Bezahlkarte. Es gebe keine wissenschaftliche Untersuchung, die einen negativen Zusammenhang zwischen Flucht und Bezahlmethode hergestellt habe, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. „Wenn es mir wirklich schlecht geht und ich sehe mich gezwungen, meine Heimat zu verlassen, oder weil ich mir woanders ein besseres Leben aufbauen will, dann fällt es mir sehr schwer zu glauben, dass Menschen davon Abstand nehmen, nur weil es Bezahlkarten gibt“, sagte Robejsek. Auch der Migrations-Sachverständige Hans Vorländer betonte, Sozialleistungen seien kein entscheidender Pull-Faktor.
Wie genau soll die Karte funktionieren?
Die Bezahlkarte wird strengen Regeln unterworfen. Sie ist nur in einem bestimmten Postleitzahlbereich einsetzbar - in Geschäften außerhalb der vorgesehenen Region sind damit keine Zahlungen möglich. Die staatlichen Stellen können auch Händlergruppen oder einzelne Läden sperren. Gäbe es etwa den Verdacht, dass ein Asylbewerber zum Beispiel den Besuch in einer Shisha-Bar für illegale Zahlungen nutzt, könnte dies unterbunden werden. Konkret erhält ein Asylbewerber, der etwa in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt, 460 Euro pro Monat auf seine Karte gespielt. Davon wird er in Bayern nur 50 Euro in bar abheben können - etwa für Kleineinkäufe beim Bäcker oder in Läden ohne Kartenlesegerät. Online-Käufe werden ausgeschlossen.
Sind die Einschränkungen zu streng?
Der bayerische Flüchtlingsrat hält die Maßnahme für Gängelei. Die Einschränkung auf bestimmte Postleitzahlgebiete etwa könne dazu führen, dass im Einzelfall nicht bezahlt werden kann. Auch bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs könne es zu Problemen kommen. „Bayern will künftig bestimmen, was und wo Geflüchtete einkaufen“, sagt Johanna Böhm. Ihre Kollegin Katharina Grote glaubt, die Karte sei eher ein Signal an die einheimische Bevölkerung: „Das Signal ist: Wir behandeln Geflüchtete schlecht“, sagt Grote und fügt hinzu: „Das ist eine Politik, die an Schäbigkeit schwer zu überbieten ist.“
Was kostet die Einführung der Bezahlkarte?
Das bayerische Innenministerium hat nach einer Ausschreibung den Freisinger Dienstleister PayCenter mit der Umsetzung der Bezahlkarte beauftragt. Wie hoch genau die Kosten sind, darüber herrscht Stillschweigen. Das Ministerium verweist auf „vertragliche und gesetzliche Geheimhaltungspflichten“. Getragen werden die Kosten aber vom Freistaat, die Kommunen müssen sich nicht beteiligen. Der Verwaltungsaufwand werde sogar geringer, argumentiert das Ministerium.
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