Mahnmal gegen Hass und Intoleranz:"Brandwunde auf der Haut unserer Stadt"

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Loderndes Gedenken: In der Skulptur aus Stahl und Acrylglas prangen Löcher, die von unten beleuchtet werden. (Foto: Katja Auer)

Nach langer Diskussion können die Bamberger eine Lichtskulptur enthüllen, die an die Opfer der Hexenverbrennung erinnert

Von Katja Auer, Bamberg

Ein Brandmal soll es sein, eine Narbe mitten in der Stadt, das Mahnmal für die Opfer der Hexenverfolgung im früheren Hochstift Bamberg. Die Essener Künstler Miriam Giessler und Hubert Sandmann haben die Lichtskulptur aus Stahl und Acrylglas entworfen, in deren Oberfläche Brandlöcher prangen, die von unten beleuchtet werden. Am Sonntag wurde das Mahnmal zwischen dem Schloss Geyerswörth - dem ehemaligen Sitz der Fürstbischöfe - und dem Ludwigskanal enthüllt.

Um die 1000 Frauen, Männer und Kinder wurden im frühen 17. Jahrhundert in nur 20 Jahren grausam gefoltert und hingerichtet. Bamberg erreichte damit eine traurige Spitzenstellung, auch wenn in ganz Europa Menschen als Hexen verbrannt wurden. Lange Zeit war diese Episode im kollektiven Bewusstsein der stolzen Weltkulturerbe-Stadt wenig präsent, "ein vergessenes Kapitel", nennt es die Vorsitzende des Bürgervereins Mitte, Sabine Sauer. Zwar hatten Wissenschaftler die Geschichte der Hexenverbrennungen untersucht, aber erst seit wenigen Jahren wird in Bamberg intensiv diskutiert, wie der Opfer gedacht werden könnte. Projektwochen weckten das Interesse der Bamberger und den Wunsch, dieses Kapitel ins Bewusstsein zu rücken. Es war der Bürgerverein Mitte, der das Mahnmal initiierte und einen Künstlerwettbewerb ausschrieb. Aus 180 Bewerbern wählte eine Jury den Entwurf des Essener Künstlerpaares aus. Weil es die Hexenverfolgung als "Brandwunde auf der Haut unserer Stadt" zeigt, sagte Sabine Sauer bei der Eröffnung.

Das Mahnmal soll aber auch in die Zukunft weisen. "Ihr Leid verpflichtet uns zum Aufstehen gegen Ausgrenzung, Machtmissbrauch und Entwürdigung und jede Art von Fanatismus", steht auf einem Schild am Mahnmal. So soll es auch künftig vor Ausgrenzung warnen.

"Das Mahnmal kommt zwar spät, aber nicht zu spät", sagte Professor Ulrich Knefelkamp, der die historischen Gründe des Bamberger Hexenwahns erläuterte. Dass es im Hochstift derart viele Hinrichtungen gegeben habe, sei auf den bösartigen Charakter der Fürstbischöfe zurückzuführen. Der Wahn uferte aus, in Bamberg wurde ein eigenes Foltergefängnis errichtet. Zum Hexenwahn kamen politische Motive. Sogar der gesamte Stadtrat wurde verbrannt, samt Bürgermeister. Das Denkmal sei ein Zeichen, dass nun der Opfer gedacht werde, sagte Knefelkamp, "eine gute Ergänzung wäre noch ein kleines Dokuzentrum."

Finanziert wurde das Mahnmal von vielen Bamberger Bürgern. Zum ersten Mal empfinde er so etwas wie Bürgerstolz, sagte der Geber der größten Einzelspende. Auch das Erzbistum und die Stadt beteiligten sich - ebenso wie der Bürgerverein und die Oberfrankenstiftung. 50 000 Euro kostete das Brandmal.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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