Lindenberg:Frauen verhindern Entführung

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Mann stürmt mit Messer in Kindergarten, wird aber gestoppt

Von Stefan Mayr, Lindenberg

Zwei Erzieherinnen und ein zufällig anwesender Polizist in Zivil haben am Mittwoch in Lindenberg (Kreis Lindau) mit viel Mut ein Familiendrama verhindert. Ein 40-jähriger Mann war morgens mit einem Klappmesser bewaffnet in die evangelische Kindertagesstätte gestürmt und hatte laut schreiend die Herausgabe seiner zwei Kinder gefordert. Diese wollte der Vater in seine Heimat nach Tschetschenien bringen, wie ein Polizeisprecher am Donnerstag berichtet. Aber die zwei Betreuerinnen und der Polizist, der sein Kind zur gleichen Zeit in die Kita brachte, stellten sich dem Eindringling entschlossen in den Weg. Der Mann wurde wenig später festgenommen und in eine geschlossene Abteilung eines Bezirkskrankenhauses gebracht. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf versuchte Entziehung Minderjähriger und gefährlicher Körperverletzung sowie auf Bedrohung und Nötigung.

Der 40-Jährige stieß die Erzieherinnen zur Seite und bedrohte den Vater mit dem gezückten Klappmesser. Dennoch konnten sie den Mann in Schach halten, bis zwei Polizeistreifen eintrafen. "Die Erzieherinnen und der Vater haben sich vorbildlich verhalten", sagt ein Polizeisprecher, "sie haben deeskalierend eingewirkt und die Kinder geschützt." Die Leiterin der Tagesstätte war kurz vor Eintreffen des Mannes noch gewarnt worden. Die Ehefrau des Bewaffneten hatte angerufen und gebeten, ihm auf keinen Fall die Kinder herauszugeben. Das Kita-Team reagierte blitzschnell: Es brachte die betroffene Gruppe in die Turnhalle, die von innen verriegelt wurde. Die restlichen Kinder waren in ihren Gruppenräumen. "Sie haben von dem Geschehen nichts gesehen", sagt die Leiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Sie haben nur das Gebrüll gehört."

Der Mann ist inzwischen teilweise geständig. Seine Frau hatte ihn im Laufe des Jahres bereits wegen eines gewalttätigen Angriffs angezeigt. Offenbar stand eine Trennung des Ehepaars im Raum, deshalb kam es zum Streit über den künftigen Verbleib der Kinder. Die zwei mutigen Angestellten der Kindertagesstätte wurden vom Kriseninterventionsteam betreut. "Ich habe erst mal nur an die Sicherheit der Kinder gedacht", sagt die Leiterin. "Das Gefühl kann man nicht beschreiben, wir haben einfach intuitiv gehandelt." Erst, als sie das Messer gesehen habe, habe sie Herzklopfen bekommen.

Am Donnerstag lief der Betrieb in der Kita normal weiter, auch die zwei Kinder des Paares im Alter von einem und zwei Jahren wurden in der Einrichtung betreut. "Sie haben nichts mitbekommen", sagt die Leiterin.

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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