Landtag:AfD-Politiker fallen bei Wahl zu Ausschuss-Posten durch

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Martin Böhm (AfD), Abgeordneter im bayerischen Landtag. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Es hatte sich angedeutet: Die AfD geht auch bei den Wahlen zu vier Ausschuss-Posten leer aus. Anders als in der vergangenen Legislatur.

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München (dpa/lby) - Die AfD stellt im neuen bayerischen Landtag keinen Ausschussvorsitzenden und auch keinen Stellvertreter. Im Agrar- und im Europaausschuss fielen die beiden Vorsitzenden-Kandidaten Ralf Stadler und Martin Böhm durch, im Rechts- und im Umweltausschuss die Vize-Kandidaten Christoph Maier und Ingo Hahn. Alle erhielten nur die jeweils zwei bis drei AfD-Stimmen, in der geheimen Wahl im Agrarausschuss bekam Stadler genau so viele Stimmen, wie die AfD Mitglieder hat. Die vier Posten bleiben nun bis auf weiteres vakant. Die Sitzungsleitung liegt im Agrar- und Europaausschuss somit in der Hand der jeweiligen Stellvertreter - die wurden mehrheitlich gewählt.

Zwei ehemalige Kabinettsmitglieder der Freien Wähler, die nicht mehr im neuen Kabinett sitzen, wurden zu Ausschussvorsitzenden gewählt: Ex-Kultusminister Michael Piazolo im Wissenschaftsausschuss, der ehemalige Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert im Innenausschuss.

Traditionell steht jeder Fraktion, je nach Landtagswahlergebnis, der Vorsitz in einem oder mehreren der insgesamt 14 Landtagsausschüsse zu. Die Verteilung erfolgte vergangene Woche. Hier wählte die AfD den Zugriff auf die beiden Vorsitzendenposten im Agrar- sowie im Europaausschuss - was aber, wie sich nun zeigte, eben nicht bedeutet, dass die Kandidaten der Rechtspopulisten am Ende auch gewählt werden. Deshalb stellt die AfD, die im Freistaat vom Verfassungsschutz beobachtet wird, weiterhin auch keinen Landtagsvizepräsidenten.

Stadler beklagte schon vor seiner anschließenden Nicht-Wahl im Agrarausschuss, dass der AfD der ihr „rechtmäßig zustehende“ Vorsitz verweigert werde. Böhm bekannte sich in der konstituierenden Sitzung des Europaausschusses als Europa- und insbesondere EU-kritisch.

Stadler war in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach in die Schlagzeilen geraten. Unter anderem wurde er 2020 wegen Verleumdung gegen eine Person des politischen Lebens verurteilt. Es ging damals um eine Fotomontage. Das Bild zeigte im Original Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die mit Schülern unter blauen Luftballons steht - und auf diese Ballons montierte Stadler das AfD-Logo. Aigner stellte deswegen erfolgreich Strafantrag gegen den Passauer Abgeordneten.

Böhm hatte die AfD im Spitzenduo mit Katrin Ebner-Steiner in die Landtagswahl geführt - beide werden dem offiziell aufgelösten völkischen „Flügel“ zugerechnet. Heute ist Böhm Fraktionsvize.

CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek lobte nach den Wahlgängen am Dienstag, es sei „ein wichtiges Zeichen und klares Statement“ der Abgeordneten, dass sie keine AfD-Kandidaten zu Vorsitzenden gewählt hätten. „Die AfD steht für Positionen, die mit unserer Demokratie nicht vereinbar sind. Sie duldet widerspruchslos Personen unter Nazi-Verdacht in den eigenen Reihen und setzt demokratische Entscheidungen mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis gleich.“ So geschehen in einer Debatte über eine Änderung der Geschäftsordnung des Landtags zu den Ausschuss-Regularien vergangene Woche.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sagte: „Der Ausschussvorsitz ist eine wichtige Funktion im Parlament. Für dieses Amt sollten Menschen gewählt werden, die mit beiden Beinen auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.“ Die AfD sei eine in Teilen rechtsextreme Partei und werde vom Verfassungsschutz beobachtet. „Für mich ist das somit unvereinbar. Es ist und bleibt gefährlich für unser Land, wenn Demokratiefeinde nach verantwortungsvollen Posten in unseren Verfassungsorganen greifen.“

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch sagte der Mediengruppe Bayern zur Nicht-Wahl der AfD-Kandidaten: „Die Wahl eines Ausschussvorsitzenden war und ist nur so lange ein Automatismus, so lange die Parlamentarier darauf vertrauen können, dass sich alle Abgeordneten an die Grundregeln nicht nur der Geschäftsordnung, sondern auch des Anstands halten. Bei einem nennenswerten Teil der AfD gibt es daran begründbare und begründete Zweifel. Da genießen viele das notwendige Vertrauen eben nicht.“ Deshalb sei die Wahl dann kein Automatismus mehr. „Wenn die anderen Ausschussmitglieder Zweifel an der Redlichkeit haben, ist es meines Erachtens richtig, wenn sie den Personalvorschlägen der AfD nicht folgen“, sagte Münch.

In der vergangenen Legislaturperiode war Maier Vize-Vorsitzender im Rechtsausschuss. Der Vorsitz im Bildungsausschuss blieb vakant, nachdem der AfD-Politiker Markus Bayerbach abgewählt worden war.

© dpa-infocom, dpa:231121-99-24176/4

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