Landshut:Niederlage für Museumschefin

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In der Landshuter Posse um das Erbe von Fritz Koenig gewinnt Stadt vor Amtsgericht

Von Andreas Glas, Landshut

Es ist Dienstag, 9 Uhr, da beginnt der nächste Akt in der Provinzposse rund um das künstlerische Erbe des für Landshut so prägenden Künstlers Fritz Koenig. Der Schauplatz: das Landshuter Arbeitsgericht. Es treten auf: Museumschefin Stefanje Weinmayr als Klägerin, Stadtdirektor Andreas Bohmeyer als Beklagter. Weinmayr fühlt sich von der Stadt kaltgestellt, "systematisch ausgegrenzt". Sie fühlt sich ungerecht behandelt, sieht ihre Ehre schwer verletzt. Vor Gericht will sie sich diese Ehre zurückholen. Keine Stunde dauert die Verhandlung. Am Abend dann teilt das Gericht mit: Die Klage ist abgewiesen. Es ist eine Niederlage für Weinmayr, aber ein Sieg für die Stadt ist es nicht.

Um das zu verstehen, muss man etwas ausholen. Man muss die Details der Posse kennen, die in Landshut seit mehr als einem Jahr Dauerkopfschütteln auslöst. Eigentlich könnte die Stadt ja stolz sein auf Weinmayr, seit 20 Jahren Leiterin des Landshuter Skulpturenmuseums, das die Sammlung des Bildhauers Koenig beherbergt. Sie gehörte zum Kuratoren-Team der Koenig-Retrospektive, die derzeit in den Uffizien in Florenz zu sehen ist. Die Kritiken sind gut und Uffizien-Chef Eicke Schmidt adelte Weinmayr als "beste Kennerin" der Koenig-Kunst. Dennoch deutet nichts drauf hin, dass die Stadt stolz ist auf Weinmayr. Manche sagen: Die Stadt will Weinmayr loswerden.

Die Posse begann nach Koenigs Tod im Februar 2017. Zunächst ließ sich Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) zum Chef der Koenig-Stiftung wählen, zum Verwalter des künstlerischen Erbes. Danach stellte Putz das zuvor eigenständige Skulpturenmuseum unter die Leitung des Stadtmuseen-Direktors Franz Niehoff - "wohl wissend, dass Fritz Koenig mit Nachdruck es keinesfalls wollte", wie dessen Lebensgefährtin in einem Leserbrief an die Landshuter Zeitung schrieb. Offenbar bestand zwischen Niehoff und Koenig eine ähnliche Abneigung wie zwischen Niehoff und Weinmayr, die OB Putz formal entmachtete, als er das Skulpturenmuseum unters Dach der Stadtmuseen räumte.

Der Streit, der dadurch entflammte, war so massiv, dass daran beinahe die Koenig-Retrospektive in den Uffizien gescheitert wäre. Am Ende kam die Schau zwar zustande, doch statt diese Chance zu nutzen, um sich als Kunststadt international zu profilieren, hat sich Landshut vor allem lächerlich gemacht. Als die Stadt die Leihverträge für die Uffizien monatelang nicht unterschrieb, mutmaßten einige, dass Niehoff die Ausstellung absichtlich blockiere, weil es ihn wurme, dass nicht er ins Kuratoren-Team der Schau berufen wurde, sondern Stefanje Weinmayr. Stefan Gruber, Grünen-Fraktionschef im Stadtrat, sprach von "Mobbing". Und aus der Koenig-Stiftung hieß es, Niehoff nutze jede Gelegenheit, die angeblich unsachgemäße Arbeit Weinmayrs im Zusammenhang mit der Uffizien-Schau vorzuführen. "Wenn ich so eine Chance kriege, dürfen primitive Rachegelüste keine Rolle spielen", sagte SPD-Stadträtin Maria Haucke.

Nun, vor Gericht, packt Weinmayrs Anwalt Benno Ziegler all die Vorwürfe in Juristensprache: Verletzung persönlicher Integrität und Qualifikation, schikanöse Weisungen, diskreditierende Äußerungen in der Öffentlichkeit. Mit ihrer Klage will Weinmayr erstreiten, dass sie wieder alleinige Chefin im Skulpturenmuseums ist, so wie es angeblich in ihrem Arbeitsvertrag steht. Sie will durchsetzen, dass Niehoff nicht länger ihr Vorgesetzter ist.

Als Schikane bewertet Weinmayr, dass sie unter Niehoff "keine verantwortlichen und eigenständigen Tätigkeiten mehr" übernehmen dürfe. Kürzlich, sagt ihr Anwalt, habe sie "Schreibtisch geputzt, weil sie keine Arbeit hatte". Und einmal habe Niehoff sie beauftragt, den Bestand der Koenig-Stiftung zu inventarisieren. "Was Frau Weinmayr früher an Studenten delegiert hat, soll nun ihre Arbeit sein", sagt Anwalt Ziegler. Er deutet an, dass Weinmayr solange zermürbt werden soll, bis sie ihren Posten von sich aus hinschmeißt. Dass er Weinmayr loswerden wolle, habe Niehoff selbst mal erzählt. "Sinngemäß: Hau ab", sagt Anwalt Ziegler.

"Konstruiert" sei das, findet Anwalt Stephan Weiß, der die Stadt vor dem Amtsgericht vertritt. Den Klagen über unwürdige oder fehlende Beschäftigung hält Weiß entgegen, dass Weinmayr laut Arbeitsvertrag gar nicht Museumsleiterin sei, sondern lediglich Kunsthistorikerin. Überhaupt, sagt Stadtdirektor Bohmeyer, sei das Skulpturenmuseum den Stadtmuseen nur zugeordnet worden, "um Geld zu sparen", um Synergien zu schaffen, etwa durch gemeinsame Büros. Er sei ja mit Weinmayr immer zufrieden gewesen, in Zeugnissen habe er ihr "immer überdurchschnittliche Bewertungen gegeben. So viel zum Thema jahrelanges Mobbing." Doch als Richter Michael Städler eine gütliche Einigung ins Spiel bringt, sagt Bohmeyer: "Wir werden hier nach meiner Meinung nicht zu einer gütlichen Einigung kommen."

Am Ende also ist es der Richter, der entscheidet - zugunsten der Stadt Landshut.

Der Richterspruch ist nur die vorläufige Pointe in einem Schauspiel, das Landshut als Kunststadt enorm geschadet hat. Schon deshalb dürfte sich die Stadt in der Gesamtschau kaum als Gewinnerin fühlen. Eine "nicht enden wollende Schlammschlacht", sagte der Uffizien-Chef kürzlich über die Landshuter Streitigkeiten rund um das Koenig-Erbe. Nun, nach dem Richterspruch, will Stefanje Weinmayr in Berufung gehen. "Jetzt geht es am Landesarbeitsgericht Nürnberg weiter", sagt ihr Anwalt Benno Ziegler. Die Landshuter Schlammschlacht, so scheint es, ist noch nicht vorbei.

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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