Landgericht Bayreuth:Fall Peggy wird neu aufgerollt

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Im Mai 2001 verschwand die damals neunjährige Peggy spurlos. (Foto: dpa)

Lichtenberg kommt nicht zur Ruhe. Mehr als zwölf Jahre nach dem Verschwinden der kleinen Peggy wird das Strafverfahren gegen den verurteilten Mörder Ulvi. K. neu aufgerollt. Die Zweifel an seiner Schuld waren nie verstummt.

Der Fall Peggy wird neu aufgerollt. Das Landgericht Bayreuth hat die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den als Mörder verurteilten Ulvi K. angeordnet. Das Gericht hat inzwischen Zweifel, dass der geistig behinderte Gastwirtssohn aus Lichtenberg (Landkreis Hof) tatsächlich im Jahr 2001 die damals neunjährige Schülerin Peggy umgebracht hat. Die Leiche des Mädchens wurde bis heute nicht gefunden.

Das Datum der neuen Hauptverhandlung stehe noch nicht fest, sagte Gerichtssprecher Thomas Goger am Montag. Man hoffe aber, in der ersten Hälfte des kommenden Jahres beginnen zu können.

Ein inzwischen verstorbener Belastungszeuge habe falsch ausgesagt, teilte das Gericht zur Begründung mit. Es könne nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Aussage dieses Zeugen auf die Urteilsfindung Einfluss hatte. Die Zeugenaussage habe auch als Tatsachengrundlage für das damals gefertigte psychiatrische Sachverständigengutachten gedient. Auch habe entgegen der damaligen Angaben eine sogenannte Tathergangshypothese vorgelegen, was Auswirkungen auf die Bewertung der Glaubwürdigkeit des Geständnisses gehabt haben könnte. Das damals urteilende Landgericht Hof habe von der Existenz der Tathergangshypothese nichts gewusst.

Ulvi K. hat seine Haftstrafe bislang nicht angetreten

Ulvi K. ist derzeit wegen des sexuellen Missbrauchs an Kindern in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. An diesem Freitag wird er 36 Jahre alt. Die 2004 gegen ihn verhängte lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes hat er bislang nicht angetreten.

Gudrun Rödel, die vor einigen Jahren eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen und seitdem für die Wiederaufnahme des Verfahrens gekämpft hatte, zeigte sich erfreut: "Das ist das, was wir seit Jahren wollten", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Im neuen Verfahren sehe sie sehr gute Chancen, darzulegen, "dass Ulvi das Mädchen nicht umgebracht hat".

Die Wiederaufnahme eines durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Strafverfahrens ist an äußerst strenge Voraussetzungen gebunden und darum sehr selten. Nach Paragraf 359 Strafprozessordnung (StPO) ist ein solcher Schritt unter anderem dann zulässig, wenn nach Abschluss des ursprünglichen Prozesses "neue Tatsachen oder Beweismittel" aufgetaucht sind, die dazu geeignet sind, einen Freispruch oder ein milderes Urteil zu begründen. Es müssen allerdings wirklich neue Fakten sein.

Peggy aus Lichtenberg war im Mai 2001 im oberfränkischen Lichtenberg (Landkreis Hof) verschwunden. Große Suchaktionen und etliche Ermittlungsansätze blieben ohne Erfolg. Nach langwierigen Ermittlungen wurde 2004 der geistig behinderte Ulvi K. als ihr Mörder verurteilt.

Ein alter Familienfreund steht im Visier der Ermittler

Trotz des rechtskräftigen Urteils sind immer wieder Zweifel an seiner Täterschaft laut geworden. Im April 2013 reichte K.s Anwalt Michael Euler einen etwa 1200 Seiten umfassenden Wiederaufnahmeantrag ein. Vor wenigen Wochen erklärte die Staatsanwaltschaft Bayreuth, sie werde sich einer möglichen Wiederaufnahme nicht verschließen.

Die Anklagebehörde lässt seit 2012 selbst wieder in dem Fall ermitteln. Im April war in einem Anwesen in Lichtenberg der komplette Innenhof umgegraben worden, um Peggys Leiche zu finden - vergeblich.

Ins Visier von Kripo und Staatsanwaltschaft geriet zudem ein Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt, der zum Zeitpunkt von Peggys Verschwinden ein enger Freund der Familie war. Er gilt inzwischen als Tatverdächtiger, auch sein Elternhaus ist mittlerweile durchsucht worden. Der Mann selbst sitzt wegen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes derzeit in Haft.

© Süddeutsche.de/dpa/tba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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