Lärmschutz:Wenn der Laubbläser bläst

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Kommunen können den privaten Lärm einschränken. Doch das ist nicht immer sinnvoll

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Mit der Freiluftsaison beginnt wieder die Zeit der Beschwerden über rücksichtslose Nachbarn, die ständig ihre Motorsäge anwerfen oder abends bei lauter Musik im Garten feiern. Das Bayreuther Rathaus erinnert seine Bürger deshalb jedes Frühjahr an die stadteigene "Lärmbekämpfungsverordnung". Die schreibt beispielsweise vor, dass die Bayreuther ihren Rasen nicht mittags zwischen 12 und 14 Uhr mähen dürfen und samstags höchstens bis 17 Uhr.

Ohne Verordnung würden lediglich die bundesweiten Beschränkungen gelten. Zum einen sind das generelle Grenzwerte für die Lärmbelastung in Wohn- und Gewerbegebieten, die tagsüber höher sind als nachts von 22 bis 6 Uhr. Zweitens die Geräte- und Maschinenlärmverordnung, die besagt, dass Rasenmäher und Motorsägen montags bis samstags zwischen 7 und 20 Uhr im Einsatz sein dürfen und sehr laute Geräte wie Laubbläser nur zwischen 9 und 13 Uhr und 15 und 17 Uhr. Genau diese Zeitfenster werden in vielen Städten und Gemeinden durch kommunalen Verordnungen verkleinert, zusätzlich werden andere laute Tätigkeiten reglementiert.

Der Gestaltungsspielraum der Kommunen ist dabei auf privaten Lärm beschränkt, sie können festlegen, wann es bei Arbeiten in Haus und Garten lauter zugehen darf, oder auch beim Musizieren und Musikhören. München verbietet in seiner Verordnung zum Beispiel, in der Fußgängerzone Saxofon und Dudelsack zu spielen. Anders als Vorschriften in einer Hausordnung kann eine kommunal verordnete Mittagsruhe auch mit Hilfe der Polizei durchgesetzt werden. In Mittelfranken wurde die Polizei im vergangenen Jahr 838 Mal wegen Ruhestörung gerufen, 141 Mal kam es tatsächlich zu einer Anzeige wegen unzulässigen Lärms.

Bayreuth hält die Verordnung für nötig, weil das Konfliktpotenzial bei Privatlärm so hoch sei, sagt ein Sprecher der Stadt. Die Verordnung definiert daher auch genau, was mit "ruhestörenden Haus- und Gartenarbeiten" gemeint ist: "zum Beispiel das Ausklopfen von Teppichen, Polstermöbeln oder Betten, das Hämmern, Sägen und Hacken von Holz sowie die Benutzung von Motorrasenmähern", und "das Abschlagen von Verputz oder von Fliesen, das Bohren von Löchern, das Schneiden von Holz oder Platten".

Bei manchen Passagen ist der Nutzen eher fraglich: Wenn München etwa vorschreibt, dass Musik nur so laut gespielt werden darf, "dass andere nicht erheblich belästigt werden" oder Bayreuth festlegt, dass bei "geräuschvollen öffentlichen und nichtöffentlichen Vergnügungen" von 22 Uhr an "unnötige Störungen" unterbleiben müssen - da bleibt im Streitfall reichlich Raum für Interpretationen.

Die Stadt Nürnberg hält eine solche Verordnung für überflüssig und hat sie 2015 mitsamt der Mittagsruhe abgeschafft, ohne dass Chaos und Anarchie ausgebrochen wären. "Es ist alles wie vorher", sagt Umweltreferent Peter Pluschke.

Ob es nun eine Lärmschutzverordnung gibt oder nicht: Wie sehr der Rasenmäher tatsächlich stört, sage viel über das Verhältnis zum Nachbarn aus, stellt das Umweltministerium fest. "Ob ein Geräusch überhaupt als Lärm empfunden wird, hängt auch von der Information über die Lärmquelle und von der Einstellung zu ihr ab." Die Behörde empfiehlt, den Nachbarn einfach mal nett auf die Ruhestörung anzusprechen.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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