Krisentreffen:Die FDP lädt zur großen Aussprache

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Dauerkrach mit der CSU, desaströses Erscheinungsbild im Bund: Am Wochenende stellen sich Bayerns Liberale dem Zorn der Basis.

Mike Szymanski

Wenn sich die Liberalen im Freistaat aus ihrem augenblicklichen Stimmungstief befreien wollen, dann erinnern sie sich daran, dass es für die FDP schon sehr viel schlechtere Zeiten gab. Etwa im Jahr 2003, als die Bayern-FDP bei der Landtagswahl nur magere 2,6 Prozent holte und damit praktisch kaum noch existent war. Das wirkt dann schon fast wie ein Trost.

Hält wenig von einem Fahrverbot als alleinige Sanktion für Straftäter: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). (Foto: dpa)

Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat die Kreisvorsitzenden der Partei für Samstag und Sonntag zu Konferenzen nach Augsburg und Bamberg eingeladen, bei denen Krisenbewältigung angesagt ist. Wo ist bloß die gute Stimmung hin, die die Partei 2008 nach 14 Jahren wieder in den Landtag hievte und im vergangenen Jahr auch noch in die Bundesregierung? Sensationelle l4,7 Prozent hatten die Liberalen im Freistaat erreicht und waren berauscht von ihrem Erfolg. Davon ist jetzt kaum noch was zu spüren.

Das desaströse Erscheinungsbild der schwarz-gelben Koalition im Bund wird auch zur Belastung für die Liberalen im Freistaat. Die Landeschefin wird ausloten, wie groß bereits der Schaden ist. Die FDP-Anhänger müssen in diesen Wochen viel Kritik einstecken. Die versprochene Steuersenkung in Milliardenhöhe kommt nicht. Die angekündigten Reformen im Gesundheitswesen lassen auf sich warten, und in Berlin beschimpfen sich die Koalitionäre auf üble Art und Weise. Gerade erst hatten sich CSU und FDP im Streit um die Gesundheitsreform mit Wörtern wie "Wildsau" und "Gurkentruppe" bedacht.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger muss sich deshalb am Wochenende auf eine ungemütliche Veranstaltung einstellen. Eigentlich wollten sie bei dieser Gelegenheit diskutieren, wie man die Partei künftig noch breiter und schlagkräftiger aufstellen könne. Das wird nun in den Hintergrund treten.

Zweieinhalb Stunden sind für die Aussprache mit den Kreischefs vorgesehen. Die Basis soll sich mal ordentlich Luft machen dürfen. "Ich werde nichts beschönigen", sagt Leutheusser-Schnarrenberger, "wir haben eine schwierige Situation." Sie werde genau zuhören. "Wir sind mit der gesamten Führungsmannschaft da", betont die Landesvorsitzende.

Die Starnberger Landtagsabgeordnete Renate Will sieht dringenden Gesprächsbedarf: "Die Basis hat sich im Wahlkampf sehr engagiert. Jetzt kommt die Ernüchterung bis hin zur Enttäuschung", sagt sie. "Das muss sich wieder ändern."

Bei einer Aussprache allein wird es nicht bleiben können. Leutheusser-Schnarrenberger sagt: "Ich werde auch klar machen, dass sich die FDP mit einer neuen Prioritätenliste zurückmelden wird. Im Bund bedeute dies die Konsolidierung der Haushalte und die Regulierung der Finanzmärkte. In Bayern wollen sich die Liberalen stärker auf das Thema Bildung konzentrieren.

Auch von Bayerns FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß soll bald mehr zu hören sein. Die 33-jährige Bundestagsabgeordnete gehört zu den Talenten der Partei. In Berlin ist sie schon zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden aufgestiegen. Für Bayern blieb ihr in den vergangenen Monaten offenbar wenig Zeit, man hörte wenig von ihr. "Wir waren alle stark in Berlin eingebunden", sagt Gruß.

Auch die internen Strukturen lassen weiter zu wünschen übrig. Die Landesgeschäftsstelle ist mit dem Erfolg der Partei bislang nicht mitgewachsen. Erst seit diesem Jahr hat die Partei einen hauptamtlichen Geschäftsführer, die Stelle des Pressesprechers ist noch vakant.

© SZ vom 11.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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