Koalitionsverhandlungen in Bayern:Schwarz-gelb steht

Lesezeit: 4 min

CSU und FDP haben sich auf eine Koalition geeinigt. Auch wenn die FDP Erfolge feiert - sie gibt nur scheinbar die großen Linien vor.

Katja Auer und Kassian Stroh

Ein schöner Tag sei das gewesen, sagte Horst Seehofer und lächelte dazu dieses leicht süffisante Lächeln. Ein schöner Tag, das bedeute bei ihm immer, "dass es ein besonders anstrengender Tag war". Dabei meinte der designierte Ministerpräsident am wenigsten die Koalitionsverhandlungen mit der FDP, denn da wurde Seehofer schon seit Tagen nicht müde, die wunderbare menschliche Atmosphäre zu betonen.

Horst Seehofer
:Auf der Suche nach dem Super-Kabinett

Horst Seehofer schweigt, wenn es um sein künftiges Kabinett geht. Nur die FDP-Kandidaten stehen fest. Ansonsten bleibt nur die Spekulation. In Bildern.

B. Kruse

An diesem schönen Freitag musste sich Seehofer auch noch mit der Bayerischen Landesbank befassen und dem Ergebnis, dass personell alles so bleibt wie es ist. Er akzeptiere das, sagte Seehofer.

Die Koalitionsverhandlungen, die sind trotz "aller externen Schwierigkeiten" geglückt. "Der Koalitionsvertrag zwischen CSU und FDP steht", verkündet Seehofer um 18.05 Uhr. Die Liberalen erhalten das Wirtschafts- und das Wissenschaftsministerium: Als Wirtschaftsminister ist der FDP-Fraktionschef Martin Zeil gesetzt.

FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will lieber in Berlin bleiben. Zudem wird die FDP den Posten eines Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium besetzen dürfen. Leutheusser-Schnarrenberger nannte die Einigung einen "besonderen Moment". Die Liberalen hatten in den Koalitionsvertrag, der 71 Seiten umfasst, eine liberale Handschrift eingebracht.

Über konkrete Ergebnisse wollten die beiden Verhandlungsführer wenig sagen. Die beiden bis zuletzt strittigen Punkte, der Ladenschluss und der Donauausbau, sind erledigt. So werde die bisherige Ladenschluss-Regelung beibehalten, sagte Seehofer. Da setzte sich die CSU durch, die FDP hatte eine Freigabe der Ladenschlusszeiten unter der Woche gefordert.

Die Frage des seit Jahrzehnten umstrittenen Donauausbaus bleibt weiter ungeklärt. Man wolle das Gutachten der Europäischen Union abwarten, sagte Seehofer. Noch unklar ist der Zuschnitt der Ministerien. Darüber werde er sich erst am Montag Gedanken machen, sagte Seehofer. Er hoffe, dass er dann noch genug Mut und Kraft habe. Am Montagnachmittag soll er zum Ministerpräsidenten gewählt werden, bis Donnerstag muss er dann ein Kabinett bilden.

Der Zuschnitt hänge auch mit Personen zusammen, sagte Seehofer. Schon zuvor zeichnete sich indes ab, dass Seehofer aus dem Agrarministerium ein Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz bilden will - ähnlich dem Ressort, das er bisher in Berlin führte.

Als zweite Variante war auch im Gespräch, ein Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu bilden.

Beide Verhandlungspartner zeigten sich zufrieden mit der Vereinbarung. Leutheusser-Schnarrenberger sagte, man sei "glücklich auf der Zielgeraden angelangt", auch wenn es im Lauf der Woche nicht immer danach ausgesehen habe. Die FDP hatte im Laufe der Verhandlungen bereits diverse Erfolgsmeldungen verkündet, die Themenfelder des Koalitionsvertrags zeigen aber, dass sie nur scheinbar die großen Linien vorgegeben hat.

Denn tatsächlich kann es der CSU nur recht sein, dass die FDP auf Korrekturen in den Bereichen drang, in denen die CSU früher oder später ohnehin hätte nachbessern müssen, beim Nichtraucherschutzgesetz zum Beispiel. Mit der strengsten aller deutschen Lösungen, die seit Januar in Kraft ist, preschte die CSU vor und erlaubte keine Ausnahmen. Allerdings ließ sie mit dem Satz, dass das Rauchen in "öffentlich zugänglichen" Gaststätten verboten sei, das Schlupfloch der Raucherclubs zu.

Seitdem wird über das Gesetz in Bayern kontrovers diskutiert - da half auch nicht, dass das Verfassungsgericht ihm seine Zustimmung gegeben hat. Schon bei der Kommunalwahl im März war die CSU für das Rauchverbot abgestraft worden, das selbst Parteimitglieder als Verstoß gegen die vielgepriesene liberalitas bavariae werten.

Als erste Nachbesserung erlaubte die Staatsregierung das Rauchen in den Bierzelten, zwar zeitlich begrenzt, aber wohlwissend, dass die zeitliche Nähe des Münchner Oktoberfestes zur Landtagswahl weiteren Groll beim Wähler erzeugen könnte. Die FDP forderte eine weitere Aufweichung des Nichtraucherschutzes, der die CSU sofort zustimmte. Fortan sollen Wirte kleiner Kneipen selbst entscheiden dürfen, ob bei ihnen geraucht wird oder nicht. Auch in Nebenräumen soll das Qualmen wieder erlaubt sein.

Ähnlich entgegenkommend war die CSU bei den scharfen Gesetzen zur inneren Sicherheit. Das umstrittene Versammlungsgesetz, das erst seit vier Wochen in Kraft ist, wird auf Drängen der FDP gelockert. Ebenso die Online-Durchsuchung, bei der Bayern am weitesten gehen wollte. Nun soll es doch nicht erlaubt sein, Wohnungen zu betreten, um Spionage-Software an Computern zu installieren. So musste die CSU nur Dinge aufgeben, deretwegen sie ohnehin Sympathien bei den Wählern verloren hatte.

Innenminister Joachim Herrmann kritisierte den Kompromiss dennoch, es sei "ein Rückschritt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus", wenn die Fahnder die Wohnung nicht mehr betreten dürften.

Ihre Kernforderung nach einer sechsjährigen gemeinsamen Grundschulzeit konnte die FDP nicht durchsetzen. Stattdessen einigten sich die Verhandlungsführer auf einen Kompromiss in der Bildungspolitik: Die Regionalschule, also die gemeinsame Haupt- und Realschule soll in Modellversuchen erprobt, der Übertritt ans Gymnasium erleichtert und die Eltern mehr beteiligt werden.

In einigen Kleinigkeiten durfte sich die FDP zudem als Partei des Liberalismus profilieren: So soll künftig die gleichgeschlechtliche Partnerschaft auch auf dem Standesamt geschlossen werden können, und Bayern wird einen Integrationsbeauftragten erhalten.

Dreh- und Angelpunkt der Verhandlungen war am Ende die Haushaltspolitik - nicht nur wegen der beschlossenen Kapitalzufuhr von 6,4 Milliarden Euro an die halbstaatliche Landesbank. Diese Rettungsaktion mit Hilfe des Bundes könnte den Freistaat in den kommenden Jahren bis zu fünf Milliarden Euro kosten, sagte Seehofer. Er geht jedoch wie auch die FDP davon aus, dass in den Büchern der halbstaatlichen Landesbank weitere Risiken "schlummern".

Gleichwohl halten beide Parteien am in Bayern gesetzlich vorgeschriebenen Ziel fest, keine neuen Schulden mehr zu machen, zumindest bis 2010. Auch danach strebe man dies zwar an, sagte Seehofer. Ob es gelinge, sei wegen der BayernLB aber ungewiss - auch weil CSU und FDP an ihren Investitionen in die Bildung festhalten wollen. Die Vereinbarungen müssen CSU und FDP auf zwei Parteitagen am Wochenende absegnen.

© SZ vom 25.10.2008/jkr/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: