Jüdisches Leben:Spaenle fordert Diskurs über Antisemitismus

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Von Dietrich Mittler, München

Läuft es nach den Plänen von Ludwig Spaenle, dem Beauftragten der Staatsregierung für jüdisches Leben, so soll durch Bayern eine neue Sensibilisierungswelle bezüglich Antisemismus gehen. Im besten Fall, so erklärte Spaenle, werde als Ergebnis seiner nun startenden Initiative auch in den kleinen Gemeinden des Freistaats ein Diskurs über dieses wieder verstärkt aufkommende Phänomen angestoßen. "Danach wird das Bewusstsein ein anderes sein", ist sich Bayerns früherer Kultusminister sicher. Anregen will er den Dialog mit Hilfe einer 2017 vom Bundestag übernommenen Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken. Darin heißt es unter anderem: "Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen."

Spaenle geht es dabei nicht um eine theoretische oder gar um eine rein philosophische Debatte, sondern um einen neuen Zugang zu diesem Thema, "den es bislang in der Bundesrepublik Deutschland nicht gibt". Ein Zugang, der letztlich auch zu Konsequenzen führe, etwa in der Polizeiausbildung in Bayern. Oder bei behördlichen Entscheidungen, durch die antisemitisches Verhalten schneller und effektiver unterbunden werden kann. "Im ersten Schritt möchte ich gegenüber der Staatsregierung und dem Landtag die Forderung erheben, sich diese Definition zu eigen zu machen", sagte Spaenle. Sodann werde er in gleicher Angelegenheit mit den kommunalen Spitzenverbänden Kontakt aufnehmen, darüber hinaus mit Verbänden wie etwa dem Bayerischen Sportverband, mit Bildungseinrichtungen, mit den Gewerkschaften sowie auch mit den entscheidenden Köpfen in der Medienlandschaft.

"Im ersten Augenblick mag sich nicht erschließen, welch praktische Wirkung die Übernahme der Antisemitismus-Definition entfalten kann", sagte Spaenle. Aber letztlich könne sie bis in die einzelnen Gemeinden hinein anstoßen, "dass sich Menschen mit diesem Phänomen beschäftigen". Wie dringend geboten dies ist, zeigt die Kriminalstatistik. Auch in Bayern gibt es etliche antisemitische Vorfälle. Allein im ersten Halbjahr 2018 wurden laut Spaenle im Freistaat 43 antisemitische Straftaten verzeichnet.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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