Ingolstadt:Riskantes Abenteuer

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Jugendring muss verletzter Schülerin Schadenersatz zahlen

Es sollte ein abenteuerliches Naturerlebnis in den Faschingsferien sein, doch für eine neunjährige Schülerin endete das vom Stadtjugendring Ingolstadt geplante "Abenteuer Winterwald" mit einer schweren Verletzung. Beim Versuch, eine dünne Schicht Rinde von einem Birkenstamm abzuschälen, stach sie sich im Februar 2014 mit einem Messer ins rechte Auge und schädigte es dauerhaft. Das Oberlandesgericht München hat nun entschieden, dass der Bayerische Jugendring (BJR) und der ehrenamtliche Betreuer der damaligen Veranstaltung dem Mädchen Schadenersatz und Schmerzensgeld zahlen müssen.

Aus Sicht der Richter waren die Sicherheitsvorkehrungen der Veranstalter nicht ausreichend. Sie stimmten zwar die Argumentation des Jugendrings zu, dass es wichtig sei, Kindern in bewusstem Gegensatz zu Konsum, reiner Spaßorientierung und Fremdbestimmung Angebote zu machen, die Fähigkeiten wie Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Risikobewusstsein fördern. Deshalb sei es auch nicht von vornherein pflichtwidrig, sieben- bis zwölfjährigen Kindern Schnitzmesser in die Hand zu geben. Trotzdem sah das Gericht im vorliegenden Fall eine Pflichtverletzung. Die Kinder seien nur ganz generell über den Umgang mit Klappmessern belehrt worden. Als erkennbar gewesen sei, dass die Neunjährige mit einem Messer Rinde ablösen wollte, um dann mit einem Feuerstein Feuer zu machen, hätte es aus Sicht der Richter entweder einer ausdrücklichen Belehrung und Demonstration bedurft oder jemand hätte mit ihr zum Baum gehen und ihr zeigen müssen, wie es geht.

BJR-Präsident Matthias Fack bedauert das Urteil. "Jede juristische Einzelfallentscheidung, die Kontrolle und Sicherheit in den Vordergrund stellt, kann Betreuer und Betreuerinnen verunsichern, wenn es darum geht, erlebnis- oder naturpädagogische Angebote zukünftig zu gestalten", teilte er am Montag mit. Man wolle nun die schriftliche Begründung abwarten, um mögliche Konsequenzen für die Praxis einschätzen zu können, sagt eine Sprecherin. Der ehrenamtliche Betreuer sei über den BJR versichert, müsse die finanziellen Forderungen nicht selbst begleichen.

© SZ vom 30.07.2019 / henz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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