Lebenserwartung steigt:Hundert und kein bisschen leise

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Der US-Regisseur Billy Wilder wäre gern mit 104 Jahre im Bett einer jungen Geliebten von deren eifersüchtigem Ehemann erschossen worden. Das ist ihm nicht geglückt, aber immerhin wurde er 95 Jahre alt. (Foto: Hubert Boesl/dpa)

Die Menschen werden immer älter, dabei sind die Rezepte für ein langes Leben unterschiedlich. Und es gehört längst nicht immer gesunde Ernährung dazu.

Glosse von Hans Kratzer

Der Landshuter Zeitung war zu entnehmen, dass vor wenigen Tagen der älteste Bürger der Stadt zu Grabe getragen wurde. Der Mann hieß Karlheinz Stauber und wurde 109 Jahre alt. In einschlägigen Quellen im Internet wird vermutet, dass Stauber bis zu seinem Hinscheiden sogar der älteste Mann in Deutschland war. Im Herbst 1914 wurde er geboren. Stauber zählte zu den letzten Zeitzeugen, die den Ersten Weltkrieg - zumindest als Kleinkinder - noch erlebt hatten.

Die Zeit rast ungezügelt dahin. Vor einigen Jahrzehnten traf man noch in fast jeder Gemeinde Männer, die von jenem 14er-Krieg erzählen und sogar Wundmale, die sie davongetragen hatten, herzeigen konnten. Es ist erstaunlich, dass gerade Menschen, die Furchtbares durchgemacht haben, oft sehr alt werden. Dazu gehörte auch der Landshuter Stauber, der den Zweiten Weltkrieg als Soldat nur mit sehr viel Glück überlebt hatte. Gleichwohl war er später kerngesund und fuhr bis zu seinem 104. Lebensjahr munter mit dem Auto herum.

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Die Zahl der Hundertjährigen steigt rapide an. Mehr als 20 000 waren es laut Statistik im Jahr 2020 allein in Deutschland. Blättert man in den Zeitungsbänden von vor hundert Jahren, so stößt man permanent auf Menschen, die schon im 60. Lebensjahr als abgezehrte Greise mit schlohweißen Haaren und eingefallenen Gesichtern beschrieben werden. Auch der Schriftsteller Erich Maria Remarque ("Im Westen nichts Neues") sagte mit 50: "Ich bin eigentlich viel zu müde für mein Alter."

Damals sind viele Menschen früh gealtert. Nicht aber Frau Anna Heilmeier aus dem oberbayerischen Esterndorf, die vor einem Vierteljahrhundert an ihrem 90. Geburtstag erzählte, sie kenne gute Rezepte, dem Alter zu trotzen. Zumindest bei ihr hätten sie gewirkt. Verheiratet war sie nie. "Das Kreuz wollt' ich mir nicht antun, so hab ichs ja viel schöner", sagte sie. Und schließlich lebe man ja auch länger, wenn man sich nicht immer mit einem Mann herumärgern muss. Ihr zweites Rezept: "Obst, Salat und Gemüse hab ich selten gegessen." Fettes Fleisch dagegen war ihr immer das Liebste.

Ein Genießer war auch der Regisseur und Oscar-Preisträger Billy Wilder ("Manche mögens heiß"), der bis zur Nazi-Zeit in Österreich und Deutschland gelebt hatte. Ein hohes Alter wie Karlheinz Stauber zu erreichen, war zu seiner Zeit noch eine Utopie. Immerhin wurde er 95 Jahre alt. Nach seiner Rechnung kam der Tod trotzdem viel zu rasch. Ihm schwebte nämlich vor, erst mit 104 Jahren zu sterben - im Bett einer wesentlich jüngeren Frau, erschossen von deren eifersüchtigem Ehemann.

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