Huberwirt:Bodenständige Wirtshausküche in elfter Generation

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Der Gastraum des Huberwirts in Pleiskirchen. (Foto: Alexander Huber)

In Pleiskirchen ist Bayern noch so, wie viele es sich gern malen: Kirche, Maibaum - und ein Wirtshaus, das nun bayerische Küche mit moderner Note anbietet.

Von Josef Wirnshofer

Wer bayerische Provinzromantik erleben möchte, der sollte nach Pleiskirchen fahren. Eine kleine Gemeinde im Landkreis Altötting, knapp 2500 Einwohner, die von stillen Wäldern umgeben ist, satten Wiesen und herbstlich abgeernteten Feldern. Die Natur protzt, was geht, und es kann gut sein, dass hier das Bayern liegt, für das sich die Bayern gern rühmen. Das Dorf tut sein Übriges: ein Maibaum, eine Kirche, die Freiwillige Feuerwehr und natürlich ein Wirtshaus, um das es hier ja gehen soll.

Seit mehr als 400 Jahren - genauer: seit 1612 - betreibt die Familie Huber nun den "Huberwirt". Alexander Huber, der Küchenchef, ist 2005 ins elterliche Gasthaus zurückgekehrt, nachdem er bei namhaften Köchen wie Claus-Peter Lumpp, Andreas Döllerer und Hans Haas gelernt hatte. Das klingt erst einmal nicht ungewöhnlich. Heute betreibt er das Lokal in elfter Generation, es braucht einen also nicht zu wundern, dass Tradition hier ein wichtiges Wort ist.

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Nicht weniger überrascht es, wenn auf der Homepage zu lesen ist, dass Alexander Huber die Wirtshausküche modern interpretieren will. Wobei "modern" natürlich erst mal nichts sagt, modern sind sie alle. Welcher Koch behauptet schon, unmodern zu kochen? Womöglich so antiquiert, dass es einem von den Tellern entgegen staubt? Egal. Beim Huberwirt ist der Anspruch an die Moderne besonders hoch, und Alexander Huber hat der Wirtshausküche ein ziemliches Upgrade verpasst. Da wüsste man natürlich gern, was das genau bedeutet.

Die Gaststube ist rustikal, ohne aufgesetzt oder volkstümelnd zu wirken. Die Holzstühle knarzen wohlig, die Vertäfelung schafft Wärme. Sympathisch auch, dass den Kindern am Nachbartisch Buntstifte gebracht werden, damit das Warten nicht fad wird. Wir bestellen das "Genussmenü 2018" in fünf Gängen, das mit 90 Euro fair bepreist ist. Als Amuse zum Aperitif schickt die Küche Stör mit Fenchelsalat und Tomate. Nicht sehr wirtshausig, nicht sehr bayerisch und übrigens auch nicht sehr interessant.

Ganz anders der erste Gang: gebeiztes Reh und "Good Gamba". Eine Art bayerisches Surf and Turf, wenn man bedenkt, dass die Garnele aus einer Biozucht in der Nähe von Erding kommt. Alexander Huber bereitet sie nach Ceviche-Art zu, was ihr einen erstaunlichen Schmelz verleiht. Das Reh richtet er als Carpaccio an, Fichtensprossen und Pfifferlinge fassen es waldig ein. Dazu gefällt sogar die Miso-Mayonnaise. Sonst eine manchmal lästige Zutat, weil die japanische Würzpaste inzwischen auch hierzulande so penetrant oft auf die Teller geklatscht wird, dass man sich fragt, wie die Europäer eigentlich so lange ohne Miso überleben konnten. Die japanische Küche ist großartig, keine Frage, aber es muss eben auch passen. Und zu Reh und Garnele passt Miso hervorragend.

Die Wirtshausküche ist ganz bei sich

Natürlich darf in einem bayerischen Wirtshaus die Renke nicht fehlen. Das sieht man im Huberwirt auch so. Als nächstes also ein geflämmtes Filet des Süßwasserfisches. Der Service, der herzlich durch den Abend führt, aber wenig erklärt, gießt eine Alztaler Buttermilch an, die hübsch aussieht, vom Kräuteröl aber überrannt wird. Ein Kopfsalatherz liefert Frische, ein Buchweizen-Couscous erdet, ein Zitronengel versetzt dem Ganzen ein paar Säurespitzen. Trotzdem bleibt der Fisch etwas blass. Küchendramaturgen würden wohl sagen, die Renke muss so sein, damit der Zwischengang stärker wirkt. Mag sein. Sicher ist: Der Zwischengang wirkt stärker. Die Rote-Bete-Knödel sind Wirtshausküche schlechthin, allein schon wegen ihres Knödelseins. Aber auch wegen des Bodensee-Aals, mit dem sie serviert werden. Der Fisch ist gewohnt rauchig, dabei saftig geraten und schmeckt mit der Beurre blanc geradezu elegant. Eine Kerbelwurzel-Creme hält Aal und Rübe zusammen, die Weinbegleitung (45 Euro) setzt zum ersten Mal im Menü einen eigenen Akzent: Der Gemischte Satz "Nußberg Alte Reben" (2016) vom Weingut Wieninger begegnet dem erdigen Teller mit angenehm honigsüßen Noten.

Beim Hauptgang ist Alexander Hubers Wirtshausküche dann ganz bei sich. Sein Roastbeef "Sauerbraten Style" ist auf den Punkt gegart, die Soße hat die breite Säure, die man vom Sauerbraten kennt - allerdings ohne die Schwere, die Schmorgerichten gern anhaftet. Für Crunch sorgt ein Häufchen Pumpernickel-Sand, Frucht steuert die Williamsbirne bei, Grandezza die Späne gehobelter Trüffel. Gut ist auch die bayerische Taube, die Huber als alternativen Hauptgang anbietet, mit Maronen, Zwetschge und Sellerie. Nur die Gänseleber liegt etwas zusammenhangslos auf dem Teller.

Nach einem Süppchen vom Gravensteiner Apfel kündigt der Service das Dessert an: Schokoladenkuchen, Schokoladeneis und eine Art After-Eight-Zitat mit Keltenhofkräutern. Klingt nach zuckriger Magenwumme, schmeckt aber beinahe schwebend leicht und funktioniert bestens mit gesüßter Heumilch und dem Riesling "Hirschin" (2015) vom Weingut Hirsch im österreichischen Kamptal. Bleibt eigentlich nur die Frage, was nun genau "moderne" Wirtshausküche ausmacht. Gut möglich, dass sich das nicht in wenige Worte fassen lässt. Sicher ist aber, dass man sie beim Huberwirt bekommt.

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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