Hausärzte wollen Kassenzulassung zurückgeben:Zu hoch gepokert

Im Streit zwischen AOK und Hausärtzeverband trifft ein Zocker auf eine Kasse, die ihre Muskeln spielen lässt. Beide lassen es auf einen großen Showdown ankommen - Verlierer sind die Patienten.

D. Mittler

Menschen, die Wolfgang Hoppenthaller, den Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes, gut kennen, schreiben ihm zwei sehr widersprüchliche Charaktereigenschaften zu: Er sei ein genialer Stratege, aber eben auch ein Zocker, der alles auf eine Karte setzt.

Bayerns Hausärzte wollen ihre Kassenzulassung geschlossen zurückgeben - der Streit mit der AOK eskaliert. (Foto: dpa)

Bislang hat Hoppenthaller stets gewonnen. Ohne die von ihm aufgebaute Drohkulisse hätte die CSU nie in Berlin für Bayerns Hausärzte ein Gesetz durchgedrückt, das ihnen eigene Vertragsabschlüsse mit den Kassen - und damit äußerst lukrative Hausarztverträge - ermöglicht.

Doch nun hat der Stratege und Zocker offenbar überreizt. Die AOK hat ihren Hausarztvertrag jetzt fristlos gekündigt. Selbst wenn die Kasse in absehbarer Zeit einen neuen Vertrag anbieten sollte, wird er wohl nie mehr so günstig für die Ärzte sein, wie der bisherige. Soviel als Botschaft an die Hausärzte, die am 22. Dezember in Nürnberg über die Rückgabe ihrer Kassenzulassung beraten.

Das Muskelspiel der AOK wirft aber auch Fragen auf. Schließlich ist es nur eine Bestätigung für die Warnungen Hoppenthallers: Die AOK werde den Hausärzten - trotz aller Zusicherungen - nicht bis zum Jahr 2014 vertragstreu bleiben.

Falls Bayerns mächtigste Kasse glaubt, die fristlose Vertragskündigung halte Hausärzte davon ab, ihre Kassenzulassung zurückzugeben, so täuscht sie sich. Damit treibt man zögerliche Ärzte erst recht in Hoppenthallers Arme. Aber so naiv sind Kassenfunktionäre sicherlich nicht - ihre Strategie läuft auf einen Showdown heraus.

Sollte Wolfgang Hoppenthaller in Nürnberg mit seinen Ausstiegsplänen scheitern, hätten sie ihn ein für allemal vom Hals. Dafür nimmt man offenbar in Kauf, dass auch Patienten durch die Vertragskündigung Nachteile erleiden.

© SZ vom 17.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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