Geschäfte mit Gammelfleisch:Coburger Schlachthof muss schließen

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Schlachtbänder mit Schweinehälften gibt es in Coburg künftig nicht mehr.  (Foto: dpa)

Coburg zieht nun Konsequenzen aus illegalen Geschäften mit Fleischabfall: Der städtische Schlachthof muss schließen. Über Jahre soll dort mit Fleisch gehandelt worden sein, das eigentlich für die Entsorgung bestimmt ist. Für die Stadt kommt die Schließung ganz gelegen.

Von Katja Riedel

Gut sechs Wochen nach Bekanntwerden eines wohl jahrelangen Missbrauchs von Fleischabfällen am Coburger Schlachthof hat der Stadtrat am Donnerstag mit großer Mehrheit das endgültige Aus für den Eigenbetrieb beschlossen. Nur zwei von 40 Stadträten hatten für den Erhalt des Betriebes gestimmt.

Schon Ende Juni hatte die Stadt den Schlachthof vorübergehend geschlossen, und dies anschließend auf unbestimmte Zeit verlängert. Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) hatte bereits Anfang Juli keinen Hehl daraus gemacht, dass er davon ausgehe, dass sich die Schlachthoftüren nicht mehr öffnen werden.

Der aktuelle Anlass ist, dass es am Coburger Schlachthof offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg einen regen Handel mit Fleischabfällen der Kategorie 3 gegeben hat. Diese Klassifizierung steht für Fleisch, das aus kommerziellen Gründen nicht für den menschlichen Verzehr verwendet werden darf. Dazu gehören zum Beispiel fast alle Innereien der Tiere. Diese kamen früher häufig in die Wurst, heute müssen sie in Container verpackt und teuer entsorgt werden.

Experten gehen davon aus, dass der eigentliche finanzielle Anreiz nicht in dem eher niedrigen Verkaufserlös steckt, sondern weil sich die Fleischfirmen damit Kosten ersparen. Die Staatsanwaltschaft Coburg ermittelt seit einigen Wochen gegen den Inhaber der Firma Dellert Fleisch, des größten Unternehmens am Schlachthof.

"quer" deckt auf, die Staatsanwaltschaft ermittelt

Dellert hat nach Angaben der Stadt deutlich mehr als die Hälfte der Umsätze am Schlachthof erwirtschaftet und seinen Betrieb Ende Juli bis zur Klärung der Vorwürfe eingestellt. Die Mitarbeiter wurden entlassen und die erforderliche EU-Lizenz zurückgegeben. Dies sei kein Schuldeingeständnis, betonten Dellert und sein Anwalt Horst Koller, die die Vorwürfe bestreiten, Ekel-Rindfleisch an Metzgereien und Gaststätten verkauft und umdeklariert zu haben.

Nach Recherchen von Reportern der Sendung "quer" des Bayerischen Rundfunks soll genau dies jedoch geschehen sein. Vor allem nachts, über mehr als ein Jahrzehnt hinweg, wie Zeugen offenbar nicht nur den Reportern berichteten, sondern auch der Staatsanwaltschaft, die die Fernsehbeiträge zum Anlass nahm, Ermittlungen einzuleiten.

Die Stadt Coburg beantwortete Fragen der SZ bisher nicht, wie und wann sie von den Vorwürfen erfahren habe und wie oft die kommunalen Lebensmittelprüfer die Firmen im Schlachthof kontrollierten. Auch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen durfte sich zuletzt wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern.

Dass Coburg nun trotzdem ganz rasch seinen Schlachthofbetrieb eingestellt hat, verwundert Kenner der dortigen Kommunalpolitik kaum. Die Mehrheit für die Schließung fiel am Donnerstag wohl auch deshalb so deutlich aus, weil der Schlachthof ein Sorgenkind der Stadt war.

Zum einen sei mit Dellert-Fleisch die wirtschaftliche Grundlage des Betriebs weggebrochen. Zum anderen steht der Schlachthof dem Stadtentwicklungskonzept entgegen, das die Politiker 2008 beschlossen haben. Dieses sieht nahe des Schlachthofs vor, die Hochschule zu erweitern. Ein "Band der Wissenschaft" soll auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs entstehen: Forschungseinrichtungen und Institute sowie Gründerzentren.

Der laute und geruchsintensive Betrieb des Schlachthofes hätte dieses Projekt wohl beeinträchtigt.Für die etwa 40 Mitarbeiter des städtischen Schlachthofes sollen nun neue Aufgaben in der Stadtverwaltung gefunden werden.

© SZ vom 20.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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