Gemeinde Zangberg:Die Kaiserin, der Papst und die Kuh

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Auftrieb in Zangberg: Die Kuh Yvonne, die sich im Wald versteckt, zieht die Aufmerksamkeit des ganzen Landes auf die 1100-Seelen-Gemeinde. Doch schon vorher haben so einige Berühmtheiten diesen kleinen Ort geschätzt.

Ulrike Heidenreich, Zangberg

Die winzige Gemeinde Zangberg hoch über dem Isental ist durch berühmte Persönlichkeiten in die Annalen der Geschichte eingegangen. Zum einen ist da Zita von Bourbon-Parma, die letzte Kaiserin von Österreich, die von 1903 bis 1908 die Schule für Höhere Töchter im Kloster St. Josef besuchte. Zum anderen ist es Papst Pius XII., der als Apostolischer Nuntius in Bayern in den Jahren nach 1917 gerne seine Sommerurlaube im Hügelland des nördlichen Landkreises von Mühldorf am Inn verbrachte.

Problemkuh Yvonne narrt ihre Verfolger

Problemkuh aus Zangberg: Yvonne narrt ihre Verfolger.

(Foto: dapd)

Und dann gibt es noch die wilde Waldkuh Yvonne.

Seit Ende Mai lebt sie im Dickicht oberhalb von Zangberg - und weil sie partout nicht zurück in den Stall will, ist sie zu so etwas wie einer Freiheitsheldin für die tierliebe Republik geworden.

Wenn der in Ehren ergraute Bürgermeister Franz Märkl aus seiner Gemeindeverwaltung in Zangberg schaut und immer wieder neue Kameraleute in Gummistiefeln Richtung Wald stapfen sieht, kann er sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Die Kuh haben wir doch gut trainiert für das Sommerloch. Jetzt kennt jeder in Deutschland unseren schönen Ort", sagt er.

Gerade bereitet unten vor dem Haus der Freiwilligen Feuerwehr ein Fernseh-Team einen Aufsager mit dem Tierschützer vom Gut Aiderbichl für die Spätnachrichten vor. "Der Wahnsinn, wie berühmt die Kuh geworden ist", sagt der Bürgermeister, "jetzt traut sich hier keiner mehr, sie abzuschießen." In der Haut jenes Schützen, der damals Problembär Bruno erlegt hat, wolle schließlich auch keiner stecken.

Es war die offizielle Abschussanordnung des Landratsamtes Mühldorf, die das Schicksal der "scheuen Kuh, die ein Reh sein will", in alle Welt hinausgetragen hatte - samt der perfekten PR-Inszenierung der Tierschützer um Michael Aufhauser vom Gut Aiderbichl nahe Salzburg, die das Tier retten wollen.

Als die Kuh, die am 24. Mai einem Bauern in Aschau von der Weide trotz Starkstromzaunes entfleucht war, dummerweise einem Polizeiauto vor die Scheinwerfer lief, war es nämlich mit der Idylle im Waldstück bei Zangberg vorbei. Dort hatte die Kuh immerhin fast zwei Monate lang ungestört zwischen Tannen hausen und einsam in der Dämmerung an den Waldrand zum Grasen treten dürfen, geduldet als Phänomen. Nun war aus der seltsamen Kuh ein Sicherheitsrisiko geworden. Und ein Symbol für die geschundene Kreatur Kuh, die vom Menschen rücksichtlos zur Fleisch- und Milchproduktion missbraucht wird.

"Wir haben mal zwei Kühe gekauft, die ihr Lebtag im Stall angebunden waren. Als sie bei uns auf die Weide treten sollten, konnten sie nicht laufen", sagt Hans Wintersteller erschüttert. Der weiße Allrad-Tiguan des Statthalters von Gut Aiderbichl ist sozusagen das Pressezentrum der Zangberger Kuh-Unternehmung. Er gibt viertelstündlich Interviews übers Handy, fährt stündlich Journalisten durch den Wald und koordiniert die Suche. "Die Yvonne weiß genau, was sie macht und trickst uns aus", erzählt er.

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