Geldgeschenk für Traunstein:Eine Million für einen Verzicht

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Ein anonymer Spender will der Stadt Traunstein eine Million Euro schenken - dafür muss die Kommune allerdings auf Baurechte verzichten. Für Bürgermeister und Stadtrat ist das Angebot "eine absolut saubere Geschichte".

Von Heiner Effern, Traunstein

Eine Million Euro, geschenkt. Fast wie bei Günther Jauch im Fernsehen. Welch eine Verlockung für eine Kleinstadt, die ohnehin mit wegbrechenden Steuereinnahmen zu kämpfen hat. Doch wie bei der Quizsendung bekommt man die Million nicht einfach so, man muss dafür schon etwas leisten. In der oberbayerischen Kleinstadt Traunstein geht es darum, im Stadtzentrum einen Park anzulegen, dessen Flächen 15 Jahre nicht bebaut werden dürfen. So lautet das Angebot eines Spenders, der seine Identität nicht preisgeben will.

Der Traunsteiner Oberbürgermeister Christian Kegel (SPD) und die Mehrheit des Stadtrats finden nichts Ehrenrühriges daran. Sie haben die Annahme der Spende mit den verbundenen Auflagen am Donnerstagabend beschlossen. Ein seriöser Spender, eine für die Stadt äußerst vorteilhafte neue Grünfläche: "Eine absolut saubere Geschichte", sagt OB Kegel. Die CSU hält die anonyme Spende dagegen für ein unmoralisches Angebot. "Wir haben für eine Million Euro unsere Planungshoheit verkauft. Ich weiß nicht einmal, an wen. Da stellt sich in mir alles auf", sagt Fraktionssprecher Christian Hümmer.

Grünfläche statt Hallenkomplex

Die Spende nimmt entscheidenden Einfluss auf die Zukunft des alten Salinenviertels, in dem von 1619 an etwa 300 Jahre lange Salzsole aus Bad Reichenhall gesiedet wurde. Das Brunnhaus und ein ganzer Block an Arbeiterwohnungen sind noch bestens erhalten. Zwischen den Salinenhäusern und einer viel befahrenen Einfallstraße liegen der Hallenkomplex des Turnvereins Traunstein (TVT) und ein eher flacher Grünsteifen, der schon jetzt der Stadt gehört. Mit der Million soll die Kommune dem Sportverein die nicht mehr zu sanierenden Hallen abkaufen, diese abreißen und dort eine Grünfläche anlegen. Diese soll mit dem städtischen Areal zu einem Salinenpark verschmelzen, der die historischen Häuser zur Geltung bringt und mit Schaustücken an die Geschichte der Stadt erinnert. Dazu kommt eine Bedingung: Das jetzige Hallenareal darf nicht bebaut werden, der städtische Grünzug daneben 15 Jahre lang nicht.

Mit dieser nun erfüllten Forderung geht ein hitziger und manchmal auch schmutziger Streit in Traunstein zu Ende. Die Stadt war in zwei Lager gespalten: Das eine wollte auf diesem Areal ein großes Hotel bauen, das andere wollte das unbedingt verhindern. Weshalb hinter der jeweiligen moralischen Position zur Spendenmillion auch eine lokalpolitische stecken könnte. Immerhin hatte der Stadtrat unter dem damaligen OB Manfred Kösterke (Unabhängige Wähler) bereits grundsätzlich den Bau des Hotels beschlossen.

Hotel als Wahlversprechen

SPD-Mann Kegel jagte ihm jedoch bei der Kommunalwahl im März 2014 völlig überraschend das Amt ab. Eines seiner Wahlversprechen: Traunstein braucht ein neues Hotel, aber nicht an dieser Stelle. Die Investoren ließen angesichts des politischen Stimmungswandels von ihrer Idee ab. Sehr zum Ärger von UW und CSU, sehr zur Freude von Heimatschützern und Historikern. Diese befürchteten, dass das historische Gesicht Traunsteins hinter einer hohen Hotelwand verschwinden würde. Und das in einer Stadt, die seit vielen Jahren geradezu tragisch erfolgreich darin ist, ihre Einfallstraßen mit möglichst hässlichen Gewerbebauten zu verschandeln.

Der Spender will das im Salinenviertel verhindern. Über den Verein Alt-Traunstein unterbreitete er sein Angebot, in dem OB Kegel nur Vorteile sieht: Die Stadt spare sich die Kosten für die ohnehin fällige Umsiedlung des Turnvereins. Dieser wiederum bringe den Verkaufserlös in eine geplante neue Sporthalle ein und finde dort eine neue sportliche Heimat. Und die Bürger erhielten einen Park, der die Identität der Stadt vorteilhaft in Szene setzte "Es gibt nur Gewinner." Außer der Demokratie, findet CSU-Fraktionschef Hümmer: Ein anonymer Spender als Motor einer politischen Entscheidung, "das ist nicht der Grund, warum man im Stadtrat sitzt".

© SZ vom 29.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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