Frauen in der CSU:Christlich, sozial, männlich

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Ilse Aigner ist die Vorzeigefrau der Christsozialen. Vor einem Jahr wurde die Landwirtschaftsministerin Chefin der CSU Oberbayern. Doch plötzlich sind die Frauen in Horst Seehofers Partei wieder auf dem Rückzug.

Frank Müller

Als schlagkräftige Vorzeigefrau wurde Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner viel gelobt, als sie vor einem Jahr den Vorsitz des wichtigsten CSU-Bezirks, nämlich Oberbayern, übernahm. Da hatte die CSU das "Jahr der Frau" ausgerufen und nolens volens die von Parteichef Horst Seehofer verordnete Frauenquote für Vorstandsposten geschluckt. Zwölf Monate später sieht es eher nach einem Jahr der Männer aus: In Aigners Machtbereich hören gleich fünf der bislang acht weiblichen Landtagsabgeordneten aus Oberbayern auf. Und die 47-Jährige muss zusehen, wie die Posten wieder zurück in Männerhände zu wandern drohen.

Empfiehlt den Frauen auch mal Mut zu einer Kampfkandidatur zu haben: CSU-Bezirksvorsitzende Aigner. (Foto: dapd)

Am Freitag gab Aigner die Probleme bei einem Auftritt in München unumwunden zu. "Die Sorge ist, dass es weniger werden." Zwar habe die Oberbayern-CSU es geschafft, in ihrem Vorstand die vorgeschriebene 40-Prozent-Quote für Frauen sogar überzufüllen. "Etwas anders sieht es bei der Vertretung in den Parlamenten aus", bedauerte die Ministerin. In der Landtags-CSU sind Frauen mit 19 von 92 Mandaten ohnehin in der klaren Minderheit. Den größten Anteil stellt mit acht noch Oberbayern, doch von ihnen will nun ein Quintett aus Altersgründen aufhören und bei der Landtagswahl im Herbst 2013 nicht wieder kandidieren, bestätigte Aigner: Annemarie Biechl (Stimmkreis Rosenheim-West), Renate Dodell (Weilheim-Schongau), Erika Görlitz (Pfaffenhofen-Schrobenhausen), Ursula Männle (Starnberg) und Christa Stewens (Ebersberg).

Noch ist über deren Nachfolge nicht entschieden, aber dass in allen Fällen Frauen zum Zuge kommen könnten, hält Aigner selbst für unwahrscheinlich. "Ich führe da im Hintergrund durchaus Gespräche", sagte sie. Und gestand gleich ein, dass zu viel Druck aus der Spitze in solchen Fällen "auch kontraproduktiv" sein könne. Denn bei der CSU werden die Landtagsmandate wegen ihres nach wie vor hohen Stimmenanteils vorwiegend über die Direktmandate in den einzelnen Stimmkreisen und weniger über die Listen vergeben. Die regionalen Direktkandidaten allerdings stellen die örtlichen Parteigliederungen gerne und selbstbewusst im Alleingang auf, ohne sich aus der Führung groß reinreden lassen zu wollen.

So blieb Aigner am Freitag nur, an parteiinterne Interessentinnen zu appellieren. Diese sollten sich nicht entmutigen lassen und müssten eben "auch einmal zur Kampfkandidatur bereit sein", sagte sie. Als Vorbild an Durchsetzungskraft kann sie dabei selbst gelten - auch weil sie sich bei der Vergabe von Führungsposten durchaus den Ruf erworben hat, im parteiinternen Postengeschacher hart und trickreich kämpfen zu können: Sie half maßgeblich mit, dass sich Verkehrsminister Peter Ramsauer als CSU-Vize gegen den Münchner Abgeordneten Peter Gauweiler behaupten konnte. Auch bei der Nachfolge von Finanzminister Georg Fahrenschon zog sie die Fäden mit: Christine Haderthauer, die sich Hoffnungen gemacht hatte, musste Sozialministerin bleiben, unter anderem, weil Aigner es so wollte.

© SZ vom 09.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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