Evakuierung:"Sehr viel mehr als glimpflich"

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Volker Skrok, Chef der Berufsfeuerwehr in Nürnberg, hat am Montag vorsorglich den Katastrophenfall ausgerufen. Den gab es hier zuletzt vor 40 Jahren, als in Katzwang südlich von Nürnberg der Damm des Main-Donau-Kanals brach. (Foto: Privat)

Nürnbergs Feuerwehrchef Volker Skrok über die Sprengung der Fliegerbombe

Interview von Claudia Henzler, Nürnberg

Nach dem Fund einer Fliegerbombe hat ein Team um den Nürnberger Feuerwehrchef Volker Skrok mehreren Tausend Anwohnern am Montag einen ungemütlichen Abend beschert. Trotzdem waren die Reaktionen nach der stundenlangen Evakuierung sehr positiv, was vor allem an der Informationspolitik des städtischen Katastrophenstabs liegen dürfte. Die Bürger konnten sich auf Twitter, im Netz oder per Telefon ausführlich auf dem Laufenden halten. Die SZ sprach mit Skrok über die Tücken des Einsatzes.

SZ: Sie haben in der Stadt Nürnberg einige Erfahrung mit Blindgängern sammeln müssen. Aber eine Bombe, die nicht entschärft werden konnte, hatten Sie noch nie, oder?

Nein. Ich wusste natürlich, dass die Kollegen in München vor ein paar Jahren einen ähnlichen Fall hatten. Wir hatten die größten Befürchtungen, dass bei der Sprengung viele Schäden entstehen würden.

Sie dachten an die Schwabinger Bombe, deren kontrollierte Sprengung 2013 einiges zerstört hat.

Genau. Bisher sind wir davon ausgegangen, dass wir in Nürnberg relativ verschont wurden von vergleichbaren Bomben mit diesen chemischen Zündern.

. . . die als extrem explosionsgefährlich gelten.

Das hat zu der für uns außergewöhnlichen Situation geführt, dass wir eine Ad-hoc-Evakuierung machen mussten. Der Sprengmeister hat direkt einen Tausend-Meter-Radius festgelegt, in dem der Nahbereich sofort geräumt wurde und der weitere Bereich so schnell wie möglich. Das zieht sich aber natürlich doch ein paar Stunden, bis alles organisiert und geräumt ist, sodass wir erst gegen halb acht die Freigabe für die Entschärfung geben konnten.

Und dann hat der Sprengmeister festgestellt, dass eine Entschärfung nicht möglich war, wodurch sich die Sache noch mal um dreieinhalb Stunden in die Länge zog.

Wir mussten Bagger besorgen, die Umlaufgräben zogen. Wir mussten Material organisieren, um die Grube auszupolstern. Man wollte halt versuchen, dass die Explosion auf einen relativ geringen Bereich reduziert wurde. Dass die Splitterwirkung minimiert wurde und dass möglichst wenig brennbares Gut verteilt wird. Deshalb hat man um die Bombe herum sehr dicht Stroh gepackt und dann das Stroh mit Wasserbehältern abgedeckt. Auf die 5000-Liter-Behälter wurde wieder eine Lage Stroh geschichtet, und oben drauf kamen noch mal Wasserbehälter. Insgesamt 50 000 Liter. Das Ganze war zusätzlich von einem Erdwall umgeben. Damit hat man tatsächlich erreicht, dass bei der Sprengung die Splitterwirkung und die Explosionsenergie aufgefangen wurden.

Sie hatten sogar Überseecontainer organisiert, um den Fundort abzuschirmen. Wo kriegt man an einem Montagabend spontan Überseecontainer und Laster her, um diese zu transportieren?

Das ist natürlich die Spezialität der Feuerwehr mit ihrer Leitstelle. Wir haben viele Kontaktdaten von Nürnberger Firmen, gerade im Hafen. Wir haben dort angerufen und gefragt, ob wir Container haben können. Die haben uns die gleich zugesagt, inklusive Transportmöglichkeiten.

Letztlich haben Sie die Container dann aber nicht eingesetzt.

Wir fahren ganz gerne zweigleisig, um die optimalen Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dadurch, dass man vor Ort den Erdwall aufschieben konnte, waren die Container nicht mehr nötig.

Wie bewerten Sie die Schäden?

Die Sprengung ist sehr viel mehr als glimpflich abgelaufen. Glücklicherweise waren die Dämmmaßnahmen, die vom Sprengmeister und allen Einsatzkräften zusammen geplant wurden, so erfolgreich, dass wir eigentlich keine Schäden in der Umgebung haben.

Wie sieht Ihre Manöverkritik aus?

Bei solchen Größenordnungen gibt es natürlich immer kleine Ruckler. Aber in der Summe bin ich sehr, sehr zufrieden mit dem Einsatz. Die Zusammenarbeit der Stäbe und der Einsatzkräfte vor Ort hat gut geklappt. Wir haben eine sehr tolle überörtliche Unterstützung bekommen von den Freiwilligen Feuerwehren im Umland. Wir konnten völlig unkompliziert auf notwendige Materialien und Katastrophenschutzfahrzeuge weit über die Metropolregion hinaus zurückgreifen. Es hat sich gezeigt, dass die Familie der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gerade in solchen Krisensituationen, wie wir sie gestern ansatzweise hatten, einfach blindlings zusammenarbeiten können.

© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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