Ermittlungen:Lebensgefährliche Pflege

Nicht qualifizierte Kräfte sollen Intensivpatienten betreut haben

Durch kriminelle Pflegedienste sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft München I im schlimmsten Fall sogar Menschenleben gefährdet. Wie die Ermittler am Mittwoch bekanntgaben, sind sie aktuell auch mit Pflegediensten befasst, die "nicht qualifizierte, osteuropäische Pflegekräfte bei 24-Stunden-Intensivpflegepatienten" eingesetzt haben. Bei den Patienten handelte es sich um Pflegebedürftige, die "aufgrund ihres sehr schlechten gesundheitlichen Zustandes einer ständigen Beobachtung" bedürfen, im Koma liegen oder nach einem Luftröhrenschnitt über eine sogenannte Trachealkanüle künstlich beatmet werden müssen. Im letzteren Fall handelt es sich um ein Beatmungsverfahren, das von Pflegekräften bei der Betreuung der Patienten viel Kompetenz voraussetzt - schließlich hängt das Leben der Betreuten davon ab. In einem der Ermittlungsfälle besteht nun der Verdacht: "Die Pflegekräfte haben keine hinreichende Qualifikation und können die Patienten deshalb medizinisch nicht richtig versorgen", wie die Ermittler wissen ließen. Dieses Vorgehen hat offenbar Methode: Trotz der nachweislich unzureichenden Qualifikation mancher Pflegedienstmitarbeiter würden Pflegeleistungen, "sofern sie überhaupt erbracht werden, mit hohen fünfstelligen monatlichen Beträgen pro Patient gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet". Da die Patienten meist nicht mehr vernehmungsfähig seien und Pflegedokumentationen gefälscht würden, seien die Ermittlungen "außerordentlich schwierig". "Pflegebetrug ist gekennzeichnet durch eine enorme Gewinnmaximierung bei relativ geringem Entdeckungsrisiko", heißt es auch im "Abschlussbericht Curafair", in dem Sonderermittler über ihre Erkenntnisse zum Pflegebetrug in Deutschland berichten.

© SZ vom 01.06.2017 / dm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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