Ermittlungen gegen Gustl Mollath:"Eine Hölle an Belastungen"

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Warum der Fall Mollath am Amtsgericht drei Jahre anhängig war? Es habe unter anderem ein "Problem mit der Schreibmaschine" gegeben, sagt ein Richter. Und auch über die Staatsanwaltschaft erfährt man im Untersuchungsausschuss zur Causa Gustl Mollath Erstaunliches.

Von Olaf Przybilla

Man erfährt interessante Dinge über bayerische Justizangestellte im Untersuchungsausschuss in der Causa Gustl Mollath. Der Richter Armin Eberl sieht sich vor die Frage gestellt, warum denn der Fall Mollath am Amtsgericht Nürnberg so lange anhängig war.

Im Jahr 2003 begann dort die Verhandlung, 2006 schließlich ging es am Landgericht weiter. Für eine Anklage wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung ist das eine imposante Zeitspanne, könnte man meinen, aber der Richter findet das abwegig und hält eine Fülle von Begründungen dafür bereit.

Eine lautet, dass er einen Mitarbeiter gehabt habe in der Zeit, der sich schlicht geweigert habe, Diktate von ihm in schriftliche Form zu gießen. Die Begründung dafür: Der Mann habe ein "Problem mit der Schreibmaschine gehabt". Und deswegen habe die Diktataufschreibe immer jemand anderes zu erledigen gehabt und so ging es eben dahin. Verzögerung des Verfahrens? "Glatt unwahr" sei so eine Behauptung, das Verfahren sei zügig und "unter besonderer Berücksichtigung der konkreten Umstände sogar sehr zügig" abgearbeitet worden.

2005? "Eine Hölle an Belastungen"

So geht das also zu an bayerischen Gerichten, die Abgeordneten danken für die tiefen Einblicke in das Wesen der Justiz im Freistaat. 2005? "Eine Hölle an Belastungen", sagt der Richter, wie damals ausfallendes Personal ersetzt wurde, sei "eine Katastrophe" gewesen. Dann habe er auch noch den zuständigen psychiatrischen Gutachter auffordern müssen, "dass der mal zu Potte kommt" - so gesehen ging es am Gericht, wie gesagt, immens zügig zu.

Auch über die Staatsanwaltschaft erfährt man Erstaunliches. Mit der Sache Mollath habe sie sich "nur kurz befasst", sagt die damals für die Anzeigen Mollaths zuständige Staatsanwältin Verena Fili. Nur kurz? "Weil die Sache für mich klar war", erklärt die heutige Richterin.

Wie kann das sein, dass einer Staatsanwältin etwas bereits in dem Moment klar ist, in dem sie einen Fall in die Hand bekommt? Ihr Vorgesetzter habe die damals von der Berliner Generalstaatsanwaltschaft nach Nürnberg weitergeleitete Anzeige von Mollath ihr in die Hand gedrückt. Das sei nicht üblich, war in dem Fall aber so, wohl weil die Sache aus Berlin kam.

Der Vorgesetzte habe in dem Moment, als er die Anzeige ins Zimmer gereicht habe, gesagt: "Jetzt haben Sie auch eine Anzeige von Herrn Mollath. Schauen Sie mal, was Sie damit machen." Wieso sie denn "auch" sage, wird die Juristin gefragt, immerhin sei es doch die erste Anzeige Mollaths in der Sache Steuerhinterziehung an die Staatsanwaltschaft gewesen?

"Es war damals schon klar, dass es sich um einen schwierigen Anzeigeerstatter handelt", sagt Fili. Es habe da eben diesen Rosenkrieg zwischen Mollath und seiner damaligen Frau gegeben, von dem die Justiz Kenntnis hatte. Es sei ihr deshalb "von vornherein klar" gewesen, dass die Nichtaufnahme von Ermittlungen Beschwerden von Mollath nach sich ziehen würde. Was dann ja auch der Fall war.

Warum sie die Sache nicht an die Nürnberger Finanzbehörden weitergeleitet habe? Sie sei davon ausgegangen, dass diesen die Sache vorliege. Diese Anzeige Mollaths hätte er auf jeden Fall an die Finanzbehörden geschickt, sagt später ihr Vorgesetzter. Aber die damals 30-jährige Staatsanwältin macht das nicht.

Noch etwas erfährt man über deren Ermittlungsarbeit: An den Aktenordner mit den 106 Seiten, den Mollath zuvor am Amtsgericht eingereicht hatte, könne sie sich nicht erinnern. Sie habe zur Vorbereitung auf den Ausschuss "im Internet" nach dieser Akte gefahndet, habe diese aber dort leider nicht finden können.

Richter mit Bekanntschaften

Dann sagt Otto Brixner aus, der Richter, der 2006 der Strafkammer vorstand, die das Urteil über Mollath sprach. Er räumt ein, dass er auf Anfrage bei einem Beamten der Steuerbehörde angerufen habe, "ein völlig belangloses Telefonat", sagt der pensionierte Richter.

Dass dieser aus dem Telefonat den Rückschluss gezogen habe, Mollath sei ein "Spinner" - dafür könne er doch er nichts, sagt Brixner. Und ja, den Steuerfahnder kenne er, der sei bei ihm mal während dessen Referendarausbildung in seinen Verhandlungen gesessen. Außerdem sehe er ihn gelegentlich auf der Erlanger Bergkirchweih.

Und richtig, er kenne den jetzigen Ehemann der ehemaligen Frau Mollaths. In den frühen 1980er Jahren habe er ihn im Handball trainiert, da erinnere er sich, denn den "Haufen", also die entsprechende Mannschaft, habe er "erstmal auf Vordermann bringen müssen". An den Betreffenden erinnere er sich, der war Linkshänder. Die über 100 Seiten des Herrn Mollath?

Die, sagt Brixner, habe er nie gelesen. Er habe riesige andere Fälle zu der Zeit gehabt. Er sehe sich durch journalistische Berichte in seiner Ehre verletzt, aber das seien wohl die "Kollateralschäden", die man "erdulden" müsse zugunsten einer freien Berichterstattung. Brixner ist sehr erregt, als der das sagt.

Am Freitag äußerte sich auch die Bezirksklinik Bayreuth zur Beschlagnahmung von DVDs in Mollaths Zimmer. Es handelt sich um Aufzeichnungen von Fernsehbeiträgen über ihn. Nachdem bei einer Kontrolle festgestellt worden sei, dass sich in dessen Zimmer "nicht genehmigte Speichermedien befanden", seien diese zur "gegebenenfalls notwendigen Überprüfung sichergestellt" worden. Allerlei schriftliche Unterlagen müsse Mollath aus Brandschutzgründen in Kartons "aussondern". Dies sei nicht schikanös.

© SZ vom 18.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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