Was war das früher umständlich, als man noch echte Briefe schrieb: Papierbögen mussten mit der Maschine oder gar per Hand beschrieben, unterzeichnet und richtig gefalzt werden. Dabei war die Adresse grundsätzlich nie im ersten Anlauf im Fenster des Briefumschlags zu sehen, die richtige Briefmarke nicht zur Hand und der nächste Briefkasten ohnehin kilometerweit entfernt.
E-Mail sei dank müssen derlei Strapazen heute nur noch wenige Menschen auf sich nehmen. Zu dieser bedauernswerten Gruppe gehören die Mitarbeiter des Landratsamtes im Landkreis Bamberg. Als dort der Versand Tausender höchst sinnloser, aber nun einmal vorgeschriebener Sepa-Mitteilungen anstand, wäre beinahe zusätzliches Personal eingestellt worden. Doch praktischerweise schien die Deutsche Post genau im richtigen Moment als Retter zur Stelle zu sein. Der Ex-Monopolist machte dem Bamberger Landrat Johann Kalb (CSU) eine unschlagbare Offerte zur Bewältigung der Postflut: die neue "E-Postbusiness Box". Dabei handelte es sich aber nicht um einen gigantisch großen Postkasten, sondern nur um einen weiteren Computer, der in das Rechenzentrum des Landkreises eingebaut wurde.
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Wer auch immer in der Behörde jetzt einen Brief schreiben möchte, muss den Text nur noch per Druckfunktion an die Box übermitteln. "Verfügt der Empfänger über eine E-Postbrief-Adresse, wird der Brief elektronisch zugestellt", beschreibt die Post das wahrhaft revolutionäre Produkt in einer Pressemitteilung. "Ansonsten druckt ihn die Deutsche Post aus, kuvertiert ihn und liefert ihn wie gewohnt durch den Zusteller aus."
Der Haken an der Sache und das Aus für den elektronischen Sepa-Versand: Im Behördenalltag wird kaum ein Brief elektronisch zugestellt werden können. Die wenigsten Deutschen besitzen ein Konto für den E-Postbrief, obwohl die Post das 2010 eingeführte Produkt noch immer aufwendig vermarktet. Offenbar erschließt sich nicht, weshalb man Porto für Mitteilungen bezahlen sollte, die auf dem Weg zwischen Absender und Empfänger nicht durchgehend verschlüsselt werden. Bei der Post zählt man die Oberfranken dennoch zur Avantgarde, denn immerhin könnten sich die Bamberger ihrerseits nun per E-Postbrief an das Landratsamt wenden. Ruft man dort an, so ist nach mehrminütiger Recherche eine Adresse zu erfahren, an die man - gegen 60 Cent Porto - einen E-Postbrief richten könnte.
Damit künftig weitere staatliche Stellen von den Segnungen des E-Postbriefs profitieren können, ließ sich die Post ihr Produkt kürzlich beim "Bayern-Cert" zertifizieren, einer für die IT-Sicherheit der bayerischen Verwaltungen zuständigen Stelle. Jedenfalls dachte man das, denn in der Behörde will man davon erstaunlicherweise gar nichts wissen. "Das Bayern-Cert zertifiziert als interne Sicherheitsinstanz keine Produkte", teilt eine Sprecherin des zuständigen Staatsministeriums der Finanzen mit. Die Deutsche Post lässt auf Nachfrage wissen, man habe sehr wohl eine Vereinbarung unterschrieben, und zwar über die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinie "BayITSRL-O9 3.1.1". Das sei dann so etwas wie eine Zertifizierung.
Eher ernüchternd fällt derweil der Erfahrungsbericht einer anderen Behörde aus, die als Referenzkunde für den E-Postbrief gilt. Im hessischen Groß-Gerau blickt schon seit drei Jahren ein Mitarbeiter allmorgendlich in den gähnend leeren E-Posteingang. Noch nie, so heißt es in der Groß-Gerauer Verwaltung bedauernd, sei auch nur ein einziger E-Postbrief eingegangen.