Es ist idyllisch in Bamberg, malerisch, heimelig, romantisch. Verpennt bisweilen. Nichts, gar nichts deutet beim Stadtspaziergang daraufhin, dass auch die oberfränkische Weltkulturerbe-Stadt dunkle Kapitel in ihrer Geschichte hat. Ein besonders düsteres erzählt vom 17. Jahrhundert, als bald 1000 Frauen, Männer und Kinder als Hexen und Drudner angeklagt, gefoltert und ermordet wurden.
Seit dem vergangenen Jahr wird darüber intensiv diskutiert, nachdem die Stadt eine Themenwoche zu den Hexenprozessen organisierte. Viele Veranstaltungen mussten wiederholt werden, weil der Andrang so groß war. Die wissenschaftlichen Vorträge über die Hintergründe der Verfolgung, die Hexenpolitik der Fürstbischöfe, aber auch deren theologiegeschichtliche Perspektive wurden nun in einem Buch zusammengefasst. Dazu die Dokumentation der Hexenprozessakten, die in einer Ausstellung der Staatsbibliothek gezeigt wurden.
In Bamberg besonders grausam
Die Autoren bestätigen, dass die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg besonders grausam wütete, zwischen 1612 und 1632 wurden etwa 1000 Menschen umgebracht. Anfangs ließen die Fürstbischöfe vor allem in Zeil am Main morden, wo heute das Museum im Zeiler Hexenturm an die Opfer erinnert. In Bamberg wurde 1627 schließlich ein eigenes Foltergefängnis gebaut, das Malefizhaus, das nach dem Ende der Hexenverfolgungen vollständig abgetragen wurde. So zeugt heute kein Gebäude mehr in Bamberg von den Verbrechen. Ein in der Stadt nicht unumstrittener Privatmann machte sich an die Erforschung des Malefizhauses und die Einrichtung eines virtuellen Museums - und wurde nicht müde, Stadt und Kirche die Vertuschung der Verbrechen vorzuwerfen.
Der Vorwurf allerdings lässt sich schwerlich halten, weil die Forschung schon früh begann und in der Bamberger Staatsbibliothek eine vielleicht einmalige Dokumentation des Grauens lagert: 800 Verhörprotokolle, gerettet vor dem Altpapier, darunter der bewegende Brief des Bürgermeisters Johannes Junius an seine Tochter aus dem Gefängnis. Dieser Brief wurde jetzt - zusätzlich zur Publikation der Stadt - vom Stadtarchiv neu herausgegeben und wissenschaftlich untersucht.
"Bamberg hat seinen Weg des Erinnerns an die Gefolterten, Verstümmelten, Hingerichteten erst begonnen", schreibt Bürgermeister Werner Hipelius im Vorwort. Bald soll auch sichtbar der Opfer der Verfolgung gedacht werden. Der Bürgerverein Bamberg-Mitte hat gerade einen Künstlerwettbewerb für ein Mahnmal gestartet. Das soll neben dem Schloss Geyerswörth stehen, der ehemaligen Residenz der Fürstbischöfe, die verantwortlich waren für das Morden.
Die Frage der Schuld wird weiter diskutiert. Ist es die Kirche, deren Vertreter die Fürstbischöfe waren? Oder die Stadt, da die Fürstbischöfe auch als weltliche Herrscher regierten? Oder gar Ministerpräsident Horst Seehofer, da schließlich der Freistaat als Rechtsnachfolger des früheren Hochstifts Bamberg gilt? Viele Bamberger fordern eine öffentliche Entschuldigung und eine nachträgliche Rehabilitierung der Opfer. Von wem allerdings, das ist nicht klar. Erzbischof Ludwig Schick hat bereits eine Vergebungsbitte ausgesprochen. Auch Hipelius hält eine öffentliche Entschuldigungsbekundung für notwendig. Als originär zuständig wollen sich allerdings weder Kirche noch Stadt erklären. Die glaubwürdigste Entschuldigung sei die beständige Erinnerung an die Leiden der unschuldigen Opfer, schreibt Hipelius. Es gelte weiter zu fragen, zu forschen und zu mahnen.
Stadt Bamberg (Hg.): Hexenprozesse und Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg. Eine vorläufige Bilanz. Perpetuum Publishing 2013. 193 Seiten, 14,90 Euro.
Hasselbeck, Johannes; Zink, Robert: So wird die gantze Burgerschafft verbrendt... Der Brief des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius aus dem Hexengefängnis 1628. Stadtarchiv Bamberg 2013. 63 Seiten, 9,90 Euro.