Die CSU nach dem Wahldebakel:"Wir wollen kein Bauernopfer"

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Das Tandem am Tag eins nach dem Fiasko: Zunächst keine personellen Konsequenzen, verkünden Huber und Beckstein. Mit FDP und Freien Wählern soll geredet werden - CSU-Vize Seehofer ist mit dabei.

Birgit Kruse

Einen Tag nach dem Wahl-Fiasko ist die Partei besonders angespannt. Noch während der CSU-Vorstand in der Parteizentrale in der Nymphenburger Straße letzte Details klärte, trat Noch-Landtagspräsident Alois Glück vor die Tür. Umringt von Journalisten, die bereits seit dem frühen Vormittag die Münchner CSU-Zentrale belagerten, sagte Glück: Es müssten "sehr substanzielle Dinge geklärt werden." Dann verschwand er.

CSU-Chef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein - das Duo steht unter Druck. (Foto: Foto: dpa)

Wie alle die anderen, die sich noch vor Sitzungsende vor die braun verspiegelten wagten und sagten: "Ich sage nichts." Indes zog sich die Sitzung in die Länge, die angekündigte Pressekonferenz verzögerte sich um mehr als eine Stunde. Tabletts mit Essen wurden hineingerecht.

Als die Konferenz dann doch begann mit Günther Beckstein und Erwin Huber, wurde schnell klar: Das strauchelnde CSU-Führungsduo will in ihren Ämtern als Ministerpräsident und Parteichef bleiben - und erst einmal Zeit gewinnen.

Auf einer Pressekonferenz erklärten die beiden nach einer Sitzung des Parteivorstandes in München, dass das Wahldebakel keine personellen Konsequenzen hat - vorerst zumindest.

Den Spekulationen über die politische Zukunft seiner Generalsekretärin schob er zwar zunächst einen Riegel vor. Christine Haderthauer habe ihren Rücktritt angeboten - sowohl am Wahlabend als auch in der Sitzung des Parteivorstandes. Doch Huber lehnte ab. Seine Begründung: Haderthauer sei nicht allein für das Ergebnis verantwortlich. Es gebe eine Vielzahl von Ursachen, "die man nicht einfach auf einen Nenner bringen kann", so Huber. Die Partei wolle "kein Bauernopfer". Es zähle "Solidarität", auch nach der Wahl.

Huber räumte ein, dass die Wähler seiner Partei eine "massiven Denkzettel" erhalten zu haben und versprach: "Ein einfaches Weiter-So wird es nicht geben".

Die vierstündige Debatte des Parteivorstandes bezeichnete Huber deshalb auch als "den Beginn einer intensiven Beratung". Die Partei brauche in der nächsten Zeit "mehrere und intensive Debatten, um das aufzuarbeiten."

Allerdings wollte Huber keinen Schnitt machen, sondern erst einmal diskutieren. Für den 13. Oktober kündigte der Finanzminister eine eintätige Klausurtagung des Parteivorstandes an, für den "25. September" - er meinte den 25. Oktober - einen Sonderparteitag in München. Diese Belastung ist einfach zu viel für den CSU-Chef.

Auf dem Parteitag werde man dann unter anderem über die Führungsriege der Partei beraten. "Da gehören auch personelle Entscheidungen für 2009 dazu", sagt er und fügte hinzu, dass er "nicht an Ämtern klebe."

Für die Niederlage machte Huber eine Vielzahl von Gründen verantwortlich - eine Teilschuld wies er auch der Schwesterpartei CDU zu: Man habe dieses Jahr ander als 2003 "keinen Rückenwind aus der Bundespolitik" erhalten.

Dennoch will Huber von den Themen nicht lassen, die Wahlkampfschlager werden sollten, aber sich als Rohrkrepierer herausstellten: Der Parteichef will offenbar an seinem Steuerkonzept und an seinem Einsatz für die Pendlerpauschale festhalten, also Forderungen, die nicht "mit der entsprechenden Deutlichkeit auch von der CDU vertreten werden".

Dann kam Huber zur Regierungsbildung in Bayern - ein schmerzliches Thema, konnten die Christsozialen in den letzten Jahrenzehten doch immer alleine regieren. Den Wählerauftrag sieht er bei der CSU. Als erstes soll mit der FDP, dann auch mit den Freien Wählern sondiert werden. Einer Koalition mit der SPD erteilte er wegen inhaltlicher Differenzen eine Absage. Es gebe keine Grundlage "für eine konstruktive Sacharbeit", so sein hartes Urteil.

Bei der Pressekonferenz wurde bestätigt, worüber bereits im Vorfeld sueddeutsche.de berichtet hatte: Die Koalitonsverhandlungen führen sollen nach dem unglücklichen Tandem Huber und Beckstein auch Fraktionschef Georg Schmid und CSU-Vize Horst Seehofer führen.

"Es gibt kein Gegeneinander, sondern den Willen zur Geschlossenheit", sagte Huber, der sichtlich gefasster wirkte als Beckstein, der während seiner Rede fast verlegen und mit abwesendem Blick neben ihm stand.

Dann war Gütnher Beckstein an der Reihe, bleich und erschöpft sah er aus, die Mundwinkel heruntergezogen. Der Ministerpräsident wiederholte, dass der Regierungsauftrag zuerst an die CSU gehe und dass er für die "Regierungsbildung und -führung" bereitstünde. Auch "wenn ich nicht an meinem Amt klebe", schob der Franke hinterher.

Über personelle Konsequenzen wollte auch Beckstein nicht reden - vorerst zumindest. Er stellte klar: "Erst wenn die Sachgespräche beendet sind, geht es um die Personalien".

Nach Becksteins Stellungnahme, durften die Journalisten Fragen stellen. Ob es in der Vorstandssitzung Rücktrittsforderungen an das Führungstandem gegeben hätte, will ein Reporter wissen. Nein, antwortet Erwin Huber, "derartige Forderungen wurden nicht gestellt."

Den einzigen Lacher, den Beckstein an diesem Nachmittag über die Lippen brachte, konnte ihm eine Journalistin entlocken. Sie wollte wissen, ob das Tandem am Wahlabend über ein Rücktritt nachgedacht hatte - und wenn ja, warum sie diesen Gedanken offenbar wieder verworfen haben. Becksteins Antwort: "Ich werde Ihnen weder meine Gedanken, noch meine Gefühle offenlegen."

Während die Journalisten ihre Sachen packten und mit ihren Redaktionen telefonierten, griffen offenbar auch einige CSU-Granden zum Telefon. So sickerte schon Minuten nach dem Abgang des Duos durch, was Horst Seehofer während der Aussprache machte, als das Thema Personalien angesprochen wurde. Rivale vom Duo Beckstein/Huber tat das, was die Noch-Spitze höchst beunruhigen dürfte: Er schwieg.

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