Demonstration:Klimaaktivisten blockieren Straßen in München

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Polizisten versuchen Aktivisten der „Letzten Generation" vom Strassenbelag zu lösen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Gruppe Letzte Generation will München in den kommenden Tagen zur „Protesthochburg“ machen. An gleich mehreren Orten klebten sich Aktivisten am Donnerstag auf die Straße. Aus der Politik werden Forderungen nach Konsequenzen laut.

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München (dpa/lby) - Sie wollen München zur „Protesthochburg“ machen: Mit mehreren Blockaden hat die Klimaschutzgruppe Letzte Generation am Donnerstag den Verkehr im Zentrum der Landeshauptstadt teilweise zum Erliegen gebracht. Zwölf Aktionen an acht Standorten zählte die Polizei bis frühen Abend. Die Aktivisten demonstrierten unter anderem am Stachus sowie auf der Maximilianstraße im Zentrum der Stadt. Die Polizei leitete den Verkehr um und löste die Blockaden auf.

Die Polizei ermittelt gegen mehrere Aktivisten unter anderem wegen des Verdachts der Nötigung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Von rund 80 Menschen wurde den Angaben nach die Identität festgestellt. 200 Polizisten waren im Einsatz. Sie ermitteln auch, ob ein Verkehrsteilnehmer einen der Aktivisten genötigt hat. Entsprechenden Hinweisen werde nachgegangen.

Am späteren Vormittag lief der Verkehr laut Polizei an vielen Orten wieder ohne Probleme. Allerdings kam es später erneut zu Blockadeaktionen durch Klimaaktivisten. Autofahrer müssten deshalb vereinzelt weiter mit Staus rechnen, teilte die Polizei am Nachmittag mit. Am Abend empfahl sie, „wo möglich, auf die öffentlichen Verkehrsmittel auszuweichen“ und bat „die Verkehrsteilnehmer weiterhin um Gelassenheit“.

Die Aktivisten teilten zu ihren Aktionen mit, mehr als 50 Protestierende würden Straßen in München blockieren. Die Gruppe will mit den Aktionen vor und während der Auto- und Verkehrsmesse IAA München „wochenlang zur Protesthochburg“ machen und so „den Verfassungsbruch der Bundesregierung ins Licht der Öffentlichkeit rücken“. Auch von drohendem Präventivgewahrsam, Strafverfahren oder Bußgeldern ließen sie sich nicht aufhalten, hieß es weiter.

Nach Blockaden und Protesten in Würzburg, Nürnberg und Regensburg hatten Richter auf Antrag der Polizei zuletzt für mehrere Aktivisten Präventivgewahrsam angeordnet - meist aber höchstens bis zum Folgetag. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte am Donnerstag, die umstrittene und nur in Bayern erlaubte Maßnahme zur Verhinderung weiterer Straftaten weiter einzusetzen. „Wer Straftaten ankündigt und durchführt und dabei massenhaft Bürger vorsätzlich nötigt, ist ein Straftäter, dem mit allen Mitteln des Rechtsstaates begegnet werden muss. Auch mit dem Mittel des Präventivgewahrsams“, sagte Dobrindt dem Nachrichtenportal „t-online“.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sagte, der Rechtsstaat könne Straftaten im Namen des Klimaschutzes nicht hinnehmen. „Eine Straftat bleibt eine Straftat - gute Absichten ändern daran nichts.“

CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Letzten Generation vor, sie führe einen Kampf gegen die Mitte der Gesellschaft. „Klimakleber sind keine Aktivisten, sondern Straftäter“, sagte Huber am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Nürnberg. „Es ist gut, dass in Bayern schnell und konsequent durchgegriffen wird.“

Über Anträge für einen Präventivgewahrsam hatte die Polizei nach den Aktionen am späten Vormittag laut einem Sprecher noch nicht entschieden. Zunächst seien die Personalien der Aktivisten aufgenommen worden. Zudem hätten die Beamten Sekundenkleber und Warnwesten sichergestellt. Ermittelt werde unter anderem wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz.

Die Münchner Polizei war am Donnerstag laut ihrem Sprecher Andreas Franken mit mehr Beamten als sonst im Einsatz. Sie könnten aber nicht an allen Orten gleichzeitig sein, sagte Franken dem Sender Bayern 2. Im Vorfeld hatte die Polizei angekündigt, bei Blockadeaktionen, Sachbeschädigungen und anderen Straftaten konsequent einzuschreiten, mit Blick auf die Versammlungsfreiheit aber mit Augenmaß zu agieren. Autofahrer sollten die Innenstadt laut Polizei vor allem am Donnerstag meiden und auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen.

Aktivisten der Letzten Generation sorgen seit vergangenem Jahr mit Blockaden von Straßen, Autobahnen und Flughäfen, mit Klebeaktionen an Gemälden in Museen, Störungen von Theateraufführungen und Farbattacken für Schlagzeilen. Nach Vorstellung der Aktivisten soll in Deutschland unter anderem ein Gesellschaftsrat einberufen werden, der die Nutzung fossiler Rohstoffe in Deutschland bis 2030 beende. Die Teilnehmer dieses Rates seien auszulosen.

Ein Angebot des Verbands der Automobilindustrie (VDA) für einen Infostand und Diskussionsrunden auf der IAA lehnten die Aktivisten am Donnerstag ab. „Für eine derart durchschaubare Vereinnahmung sind wir nicht zu haben“, teilte die Letzte Generation mit. Der Protest für klimagerechte und naturverträgliche Mobilität, bei der das Auto nicht im Mittelpunkt stehe, könne kein Programmpunkt der „Industrieshow“ IAA sein.

Zum Dialog soll es aber dennoch kommen: Die Klimaaktivisten luden den VDA zu einer Podiumsdiskussion mit Umweltverbänden vor der IAA-Eröffnung auf dem Münchner Stachus ein - und der Verband sagte zu. „Wir wollen den Dialog“, sagte VDA-Sprecher Simon Schütz. Er werde für den VDA an dem Gespräch am ersten Samstag im September teilnehmen.

© dpa-infocom, dpa:230824-99-940720/5

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