CSU vor der Europawahl:Auf der Rutschbahn

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Die Wahl zum Europarlament ist für die CSU nicht irgendeine Wahl. Sie ist der Testlauf dafür, ob die Partei weiter in der politischen Champions League spielt.

Annette Ramelsberger

Die CSU ist eine kleine Partei - doch wie bei allen Kleinen kommt es einer Beleidigung gleich, diese Wahrheit auszusprechen. Auf keinen Fall darf die Partei klein erscheinen. Sie fühlt sich - wie oft auch kleine Menschen - nur dann in ihrer wahren Bedeutung erkannt, wenn man sie für sehr groß hält.

CSU-Chef Horst Seehofer: Die Wahl zum Europaparlament ist für die Partei nicht irgendeine Wahl. (Foto: Foto: AP)

Deshalb ist die Wahl zum Europaparlament nicht nur irgendeine Wahl, sie ist der Testlauf dafür, ob die CSU weiter in der politischen Champions League spielt, wie das ihr langjähriger Chef Edmund Stoiber immer gefordert hatte.

Schafft die nur in Bayern antretende CSU die bundesweite Fünf-Prozent-Hürde für das Europaparlament, dann darf sie sich weiter als ganz Große unter den deutschen Parteien fühlen. Schafft sie es nicht, ist mehr verloren als die neun CSU-Mandate in Brüssel.

Sollte dieser nicht sehr wahrscheinliche Fall eintreten, bekäme die wichtigste Eigenschaft der CSU einen gewaltigen Knacks: ihr Selbstbewusstsein, mit dem sie in München, Berlin und Brüssel antritt.

Menetekel für die Bundestagswahl

Das weiß die Partei, das weiß ihr Vorsitzender. Horst Seehofer hat für sich selbst als Erfolgsmarke immer wieder das Gewinnen von Wahlen genannt - die Europawahl ist seine erste als CSU-Chef.

Und er weiß genau, was diese Wahl bedeuten kann: die Auferstehung aus der katastrophalen Niederlage, welche die CSU von ihrer Zweidrittelmehrheit auf blamable 43,4 Prozent bei der Landtagswahl im Herbst 2008 geworfen hatte.

Oder der Herausfall aus dem EU-Parlament und damit der Abstieg in die Niederungen der Provinz. Für die Bundestagswahl wäre das nicht weniger als ein Menetekel.

Ohne Verankerung auf EU-Ebene sitzt die CSU auf der Rutschbahn in die Bedeutungslosigkeit. Im vergangenen Jahr haben das die CSU-Mannen schon einmal erlebt, als ihr kurzzeitiges Führungsduo Erwin Huber und Günther Beckstein die Partei aussehen ließ wie ein Kind, das am Rockzipfel von Mama Merkel hängt.

Nichts haben die CSU-Anhänger als demütigender empfunden. Deswegen schätzen sie Seehofer; er verhalf ihnen wieder zu jener gefühlten Größe im Bund und in Europa, die sie so sehr brauchen. Seit Seehofer da ist, hört man in Berlin die Bayern wieder - auch wenn diese Stimme die Berliner oft nervt. Aber die Devise der CSU heißt: lieber nerven als langweilen.

Für wie wichtig Seehofer die Europawahl hält, sieht man an seinen personellen Winkelzügen. Den fleißigen, aber blassen Chef der CSU-Landesgruppe, Markus Ferber, wollte er kurzerhand durch die europapolitisch völlig unerfahrene, aber telegene Strauß-Tochter Monika Hohlmeier ersetzen. Als das nicht klappte, schickte er die Oberbayerin kurzerhand als Kandidatin nach Oberfranken.

Ferber darf weiterackern, auf den großen Plakaten aber erscheint er nicht. Dort prangen Seehofer und der neue Star Karl-Theodor zu Guttenberg - auch wenn die beiden gar nicht für das EU-Parlament kandidieren.

Ein wenig gewichen ist die Angst der CSU vor den Freien Wählern. Sie werden den Sprung ins Parlament wohl nicht schaffen, Stimmen wegnehmen können sie der CSU allemal. Auf den letzten Metern vor der Wahlurne hat sich Seehofer deswegen noch schnell Unterstützung aus Berlin besorgt.

Just am Freitag kündigte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) 25 Millionen Euro für Darlehen an notleidende Bauern an - die früher so sichere CSU-Klientel gilt als besonders abwanderungswillig. Ein Vorteil: Die Bauern erreicht die CSU mit ihren Segnungen auch während der Pfingstferien, viele andere CSU-Anhänger liegen da lieber am Gardasee. Und denken an alles, nur nicht an die Wahl.

© SZ vom 06.06.2009/bica/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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