CSU und Euro-Krise:Ein klares Jein zur Euro-Rettung

Lesezeit: 2 min

"Die CSU ist in einer Nussschale in stürmischer See unterwegs - und ab und zu lässt sich Horst Seehofer blicken und gibt den Kurs vor": In der Schuldendebatte denkt der Ministerpräsident vor allem an das Überleben der eigenen Partei und sagt der Kanzlerin, was alles nicht geht. Nun wächst auch in den eigenen Reihen der Unmut.

Mike Szymanski

In der CSU macht ein anschaulicher Vergleich darüber die Runde, wie die Partei in der schweren Euro-Krise agiert. Ein Vorständler formuliert es so: "Die CSU ist in einer Nussschale in stürmischer See unterwegs. Mal paddeln wir rechts, da sitzen die Europaskeptiker, mal ein paar kräftige Schläge links, dort sitzen die Europabefürworter. So versuchen wir die Klippen zu umschiffen. Und ab und zu lässt sich Horst Seehofer blicken und gibt den Kurs vor."

Gute Ratschläge und eine leise Drohung für Kanzlerin Merkel: Bayerns Ministerpräsident Seehofer eröffnet am Montag die Vorstandssitzung der CSU. (Foto: dapd)

Am Montag hat Kapitän Seehofer wieder die Brücke seiner Nussschale betreten und Kanzlerin Angela Merkel gute Ratschläge und eine leise Drohung für ihre Beratungen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und den anstehenden EU-Gipfel mit auf den Weg gegeben: Sie solle bloß nicht mit Euro-Bonds, jenen umstrittenen gemeinsamen Staatsanleihen im Gepäck zurückkehren. Andernfalls droht Seehofer ihr mit einem Sonderparteitag der CSU.

Einen Europa-Kongress der CSU will er in jedem Fall im Januar durchführen - weil es so viel Gesprächsbedarf gebe. In dieser Krise erklärt die CSU der Kanzlerin bevorzugt, was alles nicht geht: Keine Euro-Bonds. Kein stärkeres Engagement der Europäische Zentralbank (EZB) beim Ankauf von Anleihen kriselnder Staaten. Keine Transferunion. Das sind Seehofers "rote Linien" oder seine "Stoppschilder", von denen er gerne spricht: "Bis hierhin und nicht weiter."

Auf dem Parteitag im Oktober hat Seehofer seine Partei in ein enges Korsett gezwungen. Weder CDU noch FDP haben sich in ihrer Ablehnung von Euro-Bonds und Staatsanleihenaufkäufe derart festgelegt wie Seehofer und seine CSU per Parteitagsbeschluss. Das brachte dem CSU-Chef Beifall. Wie lange er diese Politik aber noch durchhalten kann, werden die kommenden Wochen zeigen.

Der Druck der anderen Euro-Länder auf Deutschland ist jedenfalls immens geworden, und Merkel wird bei ihren Verhandlungen etwa mit Frankreich wenig Rücksicht auf die Befindlichkeiten in der CSU nehmen können. Der Parteichef macht es sich einfach. Sein einziger Lösungsvorschlag lautet: sparen. Zu dem Druck, den die Kanzlerin zu spüren bekommt, sagt er lapidar: "Das muss eine Kanzlerin aushalten." Seehofer - und auch dies veranschaulicht der Nussschalen-Vergleich sehr deutlich - geht es nicht in erster Linie darum, den Euro zu retten. Ihm geht es darum, seine CSU davor zu bewahren, in ihrer kleinen Nussschale unterzugehen.

"Beste Provinz der ganzen Welt"

Die CSU hat nicht einmal eine klare Vorstellung davon, wie Europa nach dieser Krise aussehen könnte. In ihren Reihen gibt es das Lager um den Europa-Skeptiker Peter Gauweiler, der Bayern als "beste Provinz der ganzen Welt" vor mehr Einfluss aus Brüssel beschützen will. Auch Generalsekretär Alexander Dobrindt gehört dazu: Er schürt bei jeder Gelegenheit das Misstrauen gegen die EU. Und es gibt die Europabefürworter, die "Euro-Fighter" der Partei wie Manfred Weber, den Chef der Grundsatzkommission, und den Chef der Europaabgeordneten, Markus Ferber. Ferber sagt: "Verschärfte Spielregeln, mehr Kontrolle untereinander in Europa, mehr Überwachung durch die EU-Kommission. Davor muss man doch keine Angst haben."

Nun ist es keineswegs ein neues Phänomen bei den Christsozialen, dass sie zugleich für und gegen etwas sein können. Der Kanzlerin aber macht diese Unbestimmtheit in der Eurokrise besonders schwer zu schaffen. Seehofers CSU ist neben der FDP, die gerade einen Mitgliederentscheid über ihren künftigen Kurs in der Europapolitik durchführt, ein weiterer unberechenbarer Faktor geworden. Es wäre eine Katastrophe für die Regierung in Berlin, wenn es tatsächlich zu einem Europa-Sonderparteitag der CSU käme.

Beim Parteitag im Oktober hatte Seehofer schon große Mühe, die Gruppe der Europa-Skeptiker ruhig zu stellen. Das zeigte sich daran, dass Peter Gauweiler nur knapp mit seiner Wahl zum Parteivize gescheitert war. Für Merkel bedeutet das: Wenn sie bei der Euro-Rettung größere Zugeständnisse als vereinbart machen muss, wird sie auf die Unterstützung der CSU wohl nicht mehr zählen können. Das wäre in letzter Konsequenz das Ende von Schwarz-Gelb in Berlin.

© SZ vom 06.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: