CSU: Ministerpräsident Seehofer:Seehofers Selbstfesselung

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Von seinen Ministern fordert Horst Seehofer Anwesenheit bei den Kabinettssitzungen. Jetzt könnte es sein, dass er selbst wegen einer Reise fehlt.

Kassian Stroh

Was Horst Seehofer in China machen wird, weiß er noch nicht so genau. Lediglich "politische Gespräche" in Peking und den Besuch einer Partnerprovinz sieht das vorläufige Programm vor, das die Protokollabteilung der Staatskanzlei zusammengeschrieben hat.

Nur eines scheint festzustehen: Los geht die Reise am 9. November um 19.35 Uhr in München mit Lufthansa-Flug 722; zurück kommt Seehofer mit Flug 723 am 14. November.

Klingt banal, könnte aber brisant werden. Denn bliebe es dabei, müsste der Ministerpräsident womöglich eine Kabinettssitzung schwänzen. Die findet stets am Dienstagvormittag statt, das wäre der 10. November. Genauso ist das auch in der internen Terminplanung der Staatskanzlei vermerkt.

Dabei hatte Seehofer im Juli eine Koalitionskrise ausgelöst, als er Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) eine Südamerika-Reise verbieten wollte, die sie von einer Kabinettsrunde ferngehalten hatte. Die FDP widersetzte sich ihm, der erboste Seehofer dekretierte daraufhin: Kabinett geht vor. Er pflege ja auch Auslandskontakte und fehle trotzdem bei keiner Sitzung, argumentierte er und nannte als Beispiel seine China-Reise, die er so legen werde, dass er nicht schwänzen müsse.

Da spricht der vierseitige Staatskanzlei-Vermerk zum Stand der Reiseplanung, der der SZ vorliegt, eine andere Sprache. Der sei nur vorläufig, teilt ein Staatskanzlei-Sprecher auf Anfrage mit, es gebe "keine feste, gebilligte Planung". Die Termine müssten erst noch mit China abgestimmt werden. Im Übrigen: Selbst wenn es bei diesen Reisedaten bliebe, gebe es kein Terminproblem, denn die Kabinettssitzung in jener Woche sei für Montag, 9. November, geplant.

Eine extra Verschiebung wegen des China-Trips? Nein, heißt es in der Staatskanzlei, vielmehr solle es eine Sondersitzung in Oberfranken geben, da sich an jenem Tag der Fall der innerdeutschen Mauer zum 20. Male jährt.

Gibt es die Sondersitzung, dann wurde sie den Ministerien offenbar noch nicht mitgeteilt. Denen liegt ein Terminplan vor, in dem vom 10. November die Rede ist. "Nicht mehr aktuell", heißt es in der Staatskanzlei.

Wegen des Ärgers mit der FDP über den Reise-Ukas, den auch CSUler überzogen nennen, ist das ein Politikum. Zumal Seehofer auch in diesem Monat kurzerhand zwei Kabinettssitzungen verschieben ließ, weil er an zwei Dienstagen keine Zeit hat: nächste Woche, weil ihn die Bundeskanzlerin bei einer Konrad-Adenauer-Gedächtnistour im Wahlkampf dabeihaben will; zwei Wochen später, weil er da in seiner Eigenschaft als Parteichef dem ersten Treffen der neuen CSU-Bundestagsabgeordneten beiwohnen will. Wer Sitzungstermine festlegen darf, kann Schwänzen leicht vermeiden.

Im September, vermutlich bereits nächste Woche, wird die Staatsregierung auch über eine Änderung ihrer Geschäftsordnung beraten. Seehofer will sich darin einräumen lassen, dass er jedes Mal persönlich zustimmen muss, wenn ein Kabinettsmitglied der Sitzung fernbleibt; nur Krankheiten sollen laut Staatskanzlei ausgenommen sein.

Bislang mussten die Minister ihre Auslandsreisen Seehofer lediglich melden. Der erste Fall, wo dies relevant würde, zeichnet sich bereits ab: Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) will im Oktober einmal fehlen, da fliegt er mit einer Delegation nach Indien.

© SZ vom 10.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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