CSU: Machtkampf im Wahlkampf:Eine Absage hilft Stamm

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Christlich will die CSU sein, doch intern wird mit Indiskretionen Politik gemacht. Barbara Stamm sollte so als Landtagspräsidentin verhindert werden - doch die mögliche Gegenkandidatin sagt nun ab.

Oliver Das Gupta

Seit Wochen begleitet die wahlkämpfenden Christsozialen ein unappetitlicher Machtkampf, der kaum zum Wählerfang taugt: Die Fränkin Barbara Stamm, bisher schon Vizepräsidentin des bayerischen Landtags, möchte Präsidentin des Parlaments werden, was ihre oberbayerischen CSU-Parteifreunde aber partout verhindern wollen. Dabei wird offenbar zu einem bewährten Mittel gegriffen: der gezielten Indiskretion, im Fall Stamm der erzwungenen Offenbarung.

Möchte Landtagspräsidentin werden: Barbara Stamm (Foto: Foto: ddp)

Es geht um Persönliches. Barbara Stamm war an Brustkrebs erkrankt, im April wurde sie operiert. Vertreter der Landtagspresse waren informiert, Stillschweigen wurde vereinbart und gehalten, just bis zum Nürnberger CSU-Parteitag am 18. und 19. Juli. Die Bild-Zeitung berichtete pünktlich zum Parteikonvent in ihrer Online-Ausgabe über Stamms Krebserkrankung, obwohl die Fränkin den Autoren um Diskretion gebeten hatte. Doch "das war dem wurscht", heißt es aus Stamms Umfeld.

Also ging die 63-Jährige in die Offensive, sprach offen von ihrer Chemotherapie, von ihrem ungebrochenen Arbeitseifer - und davon, dass sie bei ihrer Bewerbung für den Posten des Landtagspräsidenten bleibe.

Stamms Chancen stehen gut. Sie gilt als "soziales Gewissen" der Partei, obendrein gibt es in der CSU auch Stimmen, die endlich einmal eine Frau in einer Spitzenposition sehen möchten.

Machtverlust im Proporz-Gefüge

Darauf setzten auch die Gegner Stamms. Sie wollten Sozialministerin Christa Stewens zu einer Kandidatur für das zweithöchste Amt im Freistaat bewegen. "Wir werden versuchen, die Christa zu überzeugen, ihren Hut in den Ring zu werfen", sagte ein ungenanntes Vorstandsmitglied der Oberbayern-CSU dem Journal Focus.

Doch Stewens denkt offenbar nicht daran, sich instrumentalisieren zu lassen. Aus ihrem Ministerium kommen klare Worte: "Die Ministerin steht für dieses Amt nicht zur Verfügung", sagte ein Sprecher zu sueddeutsche.de. Stewens halte die Personaldiskussion für "vollkommen überflüssig" und sei "auch nicht bereit, sich an Spekulationen jeglicher Art zu beteiligen" - ein Seitenhieb auf die intriganten Parteifreunde.

Dass die Oberbayern-CSU sich nach der aktuellen Abfuhr von Stewens geschlagen gibt, ist eher unwahrscheinlich. Die erfolgreichen Konservativen zwischen Altmühltal und Karwendel haben ein stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Kein Wunder: Sie stellen nun mal die meisten Parteimitglieder, wovon sie ihren starken Anspruch auf Parteiposten und Ämter ableiten.

Der scheidende Parlamentschef Alois Glück stammt auch aus dem Bezirk Oberbayern, der seit dem Abgang von Edmund Stoiber im Proporz-Gefüge der CSU an Macht verloren hat: Der Vorsitzende Erwin Huber ist Niederbayer, Bayerns Landesvater Günther Beckstein Mittelfranke. In Berlin sitzt neben dem ebenfalls fränkelnden Wirtschaftsminister Michael Glos als ranghöchster Oberbayer Horst Seehofer. Der Ingolstädter hatte einst selbst gute Chancen, Parteichef zu werden - bis auch er ein Opfer des weiß-blauen Intrigantenstadls wurde.

Eine Indiskretion machte die Runde. Das kennt auch Barbara Stamm zu genau.

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