CSU-Klausur in Banz:Wo die Welt noch in Ordnung ist

Lesezeit: 3 min

Für die CSU ist es nicht die Zeit, sich mit dem politischen Gegner zu beschäftigen. Viel lieber spricht die Partei bei ihrer Klausurtagung in Kloster Banz über sich selbst und die Frage: Wohin mit den unerwarteten zusätzlichen Steuereinnahmen?

Frank Müller

"Wer?" CSU-Fraktionschef Georg Schmid greift sich ans Ohr, tut so, als kenne er den Namen Christian Ude nicht und sei schwerhörig noch dazu. Gerade ist der Chef der Landtags-CSU in einer Klausurpause im Hof von Kloster Banz gefragt worden, wie sich die Partei auf den Hauptgegner im Bayern-Wahlkampf 2013 einstellt. Irgendwann klingelt's. Schmid schüttelt die Frage ab, zieht eine Grimasse und nennt Ude kein einziges Mal beim Namen: "Ah, Sie sprechen von dem Kandidaten, der demnächst aufgestellt werden soll."

Die CSU-Fraktion trifft sich zur Klausur in Kloster Banz. (Foto: Seyboldtpress)

Tag eins der Fraktionsklausur in dem oberfränkischen Prachtkloster: Dies ist nicht die Zeit, sich groß mit politischen Gegnern oder Freunden, in jedem Fall also mit Kleineren, aufzuhalten und sie dadurch zu adeln. Viel lieber spricht die CSU in Banz über sich selbst, im Positiven natürlich, soweit möglich. Schmid steht auf der Treppe zum Klostereingang, blinzelt in den weiß-blauen Bilderbuchhimmel, während sich in München noch dicke Wolken über den Himmel schieben, und sagt: "Da sieht man's mal wieder, wo wir sind, da ist die Sonne."

So soll's sein, so könnt's bleiben. Mitten in der turbulenten Euro-Krise und der schwarz-gelben Krisenstimmung von Berlin versucht die CSU in Bayern, Selbstbewusstsein und Optimismus zu demonstrieren: Gut und solide weiterarbeiten, nach vorne schauen und sich nicht irre machen lassen, dann wird alles fast von selbst gut - das ist das Credo Georg Schmids. Ihm und seinen Fraktionskollegen kommt es besonders zupass, dass nun, zwei Jahre vor der Wahl, auf einmal Geld zu verteilen ist. Die 500 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen, aus denen die schwarz-gelbe Koalition im Freistaat jetzt ein Investitionsprogramm auflegen will, kommen gerade zum rechten Zeitpunkt.

Die Fraktion ist entschlossen, mit einem Großteil der halben Milliarde die womöglich wahlentscheidende offene Flanke zuzumachen: die Bildungspolitik. Demonstrativ ist Kultusminister Ludwig Spaenle als erster Referent zu den Abgeordneten gebeten. Denn beim Großthema Bildung kommt die SPD-Konkurrenz mit ihrer Idee der Gemeinschaftsschule gut voran, auch der eigene Koalitionspartner FDP gibt sich mit Vorliebe bildungsaffin. Nun wollen die CSU-Abgeordneten aus der Defensive, die Ganztagsbetreuung ausbauen und den Unterrichtsausfall eindämmen - keine Grundsatzreformen also, sehr wohl aber Verbesserungen in der Praxis. "Es kann nicht sein, dass es drei, vier Wochen keinen Chemie- oder Mathematikunterricht gibt an manchen Gymnasien", schnaubt Schmid.

Erst nach neuen Steuerberechnungen im November soll die Verteilung der Gelder feststehen, eine dreistellige Millionensumme dürfte aber in jedem Fall in die Bildung fließen. Dabei scheint die CSU inzwischen fest entschlossen, den Eltern nichts mehr aufzuzwingen oder abzuschlagen: Die früher ungeliebte Ganztagsbetreuung werde nun im großen Stil kommen, kündigt Schmid an: "Dort, wo Ganztagsbetreuung gewünscht wird, soll sie stattfinden - im Endausbau überall." Vor zehn Jahren habe man noch anders gedacht, räumt er ein. "Wir haben jetzt eine neue Situation."

Eltern und Kinder - das Thema ist der CSU so wichtig, dass sich Schmid sichtlich missgelaunt auf ein kleines Scharmützel mit Sozialministerin Christine Haderthauer einlässt. Von der dürfen sich viele Abgeordnete bei der Anfahrt auf "B5- aktuell" anhören, sie fordere eine Anhebung des geplanten Betreuungsgelds für Familien, die keine Kinderkrippe in Anspruch nehmen, von 150 auf 500 Euro monatlich. Man müsse etwas gegen die Mentalität unternehmen, "als sei das Kind ein Kleinwagen, und man könne den einfach irgendwo abstellen", verlangt Haderthauer.

Das passt Schmid überhaupt nicht, wie er diplomatisch klarmacht: "Wir sollten das Thema sehr ernst nehmen", sagt er, und: "Ich halte nichts davon, dass wir eine Debatte über die Höhe beginnen, noch dazu in dieser Dimension." Nur wenig später rudert Haderthauer zurück: Sie habe nur etwas "Zukunftsmusik" gemacht und keine aktuellen politischen Forderungen aufstellen wollen.

Die hat die Fraktion dafür auf anderen Feldern parat. Für den Abend war ein Treffen mit Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in Banz geplant. Von ihm wünscht sich die CSU, dass er den Freistaat beim Bundeswehrabbau möglichst pfleglich behandelt. Am heutigen Mittwoch geht es dann mit Bundespolitik weiter: Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt spricht über den Zustand der Koalition in Berlin, am Abend kommt dann Verkehrsminister Peter Ramsauer, der unter anderem Auskunft über den Stand der Dinge bei der von Ministerpräsident Horst Seehofer vehement geforderten Pkw-Maut geben soll.

Am Namen Ramsauer macht sich für viele CSU-Politiker auch schon der nächste innerparteiliche Großkampftag fest: Anfang Oktober ist CSU-Parteitag in Nürnberg. Dort wird die Euro-Debatte in der Kandidatur des Münchner EU-Skeptikers Peter Gauweiler für einen der vier Parteivize-Posten gipfeln. Wahrscheinlichstes Opfer eines möglichen Gauweiler-Sieges bei den Delegierten könnte nach der Erwartung vieler CSU-Politiker eben Ramsauer sein. Schmid schafft in Banz das Kunststück, Sympathien für den einen Peter zu zeigen, ohne den anderen Peter zu düpieren: "Der Peter ist ein angesehener Politiker", sagt er und meint damit Gauweiler. Dieser habe hohe intellektuelle Fähigkeiten, und: "Wir brauchen jeden klugen Kopf in unserer Partei."

© SZ vom 21.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: