CSU-Klausur in Andechs:Wirklich entschieden wird in Berlin

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"Die Arbeit steht im Vordergrund und nicht irgendwelche Sperenzchen", sagt CSU-Chef Seehofer nach der Klausur in Andechs. (Foto: dpa)
  • Die CSU hat ihre Arbeitsklausur auf Kloster Andechs abgeschlossen. Strategien beraten, um in der großen Koalition möglichst viele ihrer Anliegen durchzusetzen, das war das Ziel des Treffens.
  • Ministerpräsident Seehofer will, dass Bayern eine Milliarde weniger in den Länderfinanzausgleich zahlen muss. Unklar ist allerdings, auf welches Jahr sich der CSU-Chef dabei bezieht.
  • Der Wille der Bürger soll in die Politik einfließen, versichert Seehofer im Hinblick auf den sehr beliebten Pilotversuch zum neunjährigen Gymnasium.

Von Frank Müller, Andechs

Oben auf dem Andechser Klosterhügel geht der Blick weit in die Ferne, über Klosterbauten, Dorfkirche, Maibaum bis zur Alpenkette: eine der schönsten Perspektiven, die man in Bayern haben kann. Doch Horst Seehofer denkt vor allem an Berlin, als er an diesem Samstagmittag die Bilanz einer zweitägigen CSU-Vorstandsklausur zieht. In Berlin treffen sich am Sonntagabend die Spitzen der Koalition, um womöglich einige ihrer wichtigsten Streitthemen anzugehen. Erst wenn die CSU dort ihr Gesicht wahrt, wird Seehofer wissen, ob die zwei Tage von Andechs ein Erfolg waren. Schon richtet sich sein Blick auf eine für den Montag vereinbarte Telefonschalte der CSU-Führung.

Über eines der heikelsten Themen, die Praxis beim Mindestlohn, hat sich die CSU schon am Samstagmorgen hinter verschlossenen Klostertüren mit einem ausgesprochenen Kritiker gestritten, nämlich mit Bayerns DGB-Chef Matthias Jena. Die CSU ist genervt, wegen der von der SPD durchgesetzten Pflicht zur genauen Dokumentation der Arbeitszeiten für Mindestlohnempfänger. Es sei nur richtig, dass Arbeitgeber nachweisen müssten, dass der gezahlte Lohn nicht durch schleichende Verlängerung der Arbeitszeit aufgezehrt werde, meint Jena, als er aus dem Klostersaal kommt. "Kontrovers" sei es gewesen, sagt Jena. "Gut kontrovers", sagt Seehofer, als er wenig später herauskommt.

Deutlich weniger Klarheit gibt es dagegen bei einem weiteren CSU-Kernziel, über das die Union am Sonntagabend mit der SPD verhandeln will: die Verringerung der Zahlungen Bayerns (aber auch Baden-Württembergs und Hessens) im Länderfinanzausgleich. Seehofer hatte sich schon zum Klausurstart darauf festgelegt, dass die Ausgaben des Freistaats für den Länderfinanzausgleich um eine Milliarde Euro verringert werden müssen. "Bayernmilliarde", nennt Seehofer das.

Ob Bayern im Länderfinanzausgleich überhaupt günstiger wegkommt, ist offen.

Doch immer wichtiger wird dabei die Frage, auf welches Jahr bezogen dies überhaupt gelten kann. Die Zahlungen Bayerns steigen von Jahr zu Jahr, bis zum Auslaufen der Regelungen im Jahr 2019 ist daran auch nichts zu ändern. Könnte es also am Ende sein, dass gar keine echte Reduzierung, sondern nur ein gebremster Anstieg herauskommt? Derzeit liegen die Zahlungen Bayerns bei mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr. Seehofer drückt sich um eine konkrete Antwort herum. Solche Punkte seien Teil der Verhandlungen und jetzt nicht festzurrbar.

Überhaupt legt Seehofer in Andechs enormen Wert darauf, nichts zu versprechen, was nicht zu halten ist. Demonstrativ stellt der CSU-Chef den Wert von Zuverlässigkeit in der Politik heraus. "Ich werde alles daran setzen, dass dieser Wille der Bevölkerung immer wieder in die Politik einfließt", sagt Seehofer. So hat ihn erkennbar geärgert, dass es in der CSU immer wieder Stimmen gibt, die den Drang vieler Familien zu einer Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium bremsen wollen. So nämlich denken viele in der CSU-Landtagsfraktion, die gern an der reinen achtstufigen Variante festgehalten hätten. Nun haben die Anmeldungen beim Pilotversuch zur Gymnasialreform einen starken Swing hin zu G9 ergeben - kein Problem, findet Seehofer. "Wenn sich die Bevölkerung in diesem Maße dafür entscheidet, dann werden auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt", sagt er klipp und klar.

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Es soll nur ein Modellversuch sein. Doch schon vor Ablauf der Bewerbungsfrist an den Projektschulen ist klar: Mehr als die Hälfte aller Siebtklässler will ein Jahr mehr auf dem Weg zum Abitur. An einigen Schulen ist deshalb sogar das G 8 in Gefahr.

Von Anna Günther

Ohne großen Zeitverlust vollzieht Seehofer auch die neuesten Entwicklungen in der Münchner Konzertsaaldebatte nach. Das Gutachten für die gemeinsame Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass ein gemeinsamer Saal von Stadt und Staat im Gasteig nicht viel Sinn ergäbe. "Es ging ja niemand davon aus, dass die Debatte jetzt beendet ist", sagt er - obwohl er und Münchens OB Dieter Reiter genau dies eigentlich gewollt hatten. Seehofer sagt, beide hätten mit ihrem Ja zur Gasteig-Lösung nur eine "grobe Vorprüfung" der Kulturexperten nachvollzogen.

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Welcher Vorschlag ist sinnvoll? Welche Idee dagegen sinnlos? In der Münchner Konzertsaal-Debatte bleiben auch bei Lesern viele Fragen offen. Die SZ gibt Antworten.

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Der Standort für den neuen Konzertsaal darf "nicht wieder versemmelt" werden

"Nur was wirklich sitzt, wird auch halten", sei die Devise und überdies hätten Studien "ja immer den Charakter, dass man nur Sätze rauszieht, und den Rest dann unterschlägt". Seehofer: "Also les' ich die und dann werd ich mit Herrn Reiter reden, ob und welche Konsequenzen daraus gezogen werden." Der Ministerpräsident legt Wert darauf, "dass die Zusage, dass München einen Konzertsaal von internationalem Rang bekommt, erfüllt wird". Dass er in Gedanken schon wieder auf Platzsuche für einen neuen Konzertsaal ist, wird aus dem Satz deutlich: "Beim Standort lege ich größten Wert darauf, dass der nicht wieder versemmelt wird."

"Es war eine Arbeitsklausur im wahrsten Sinne des Wortes", sagt Seehofer zum Abschluss. Das sei ohnehin das Motto fürs laufende Jahr. "Die Arbeit steht im Vordergrund und nicht irgendwelche Sperenzchen." Als solche betrachtet der CSU-Chef auch die nie aufhörenden Personalspekulationen. Er sagt dazu nicht viel. Außer dass die CSU auch nächstes Jahr gerne wieder nach Andechs kommen werde. Er macht eine Kunstpause. "Mit dem Parteivorsitzenden Horst Seehofer."

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