CSU in Wildbad Kreuth:Die Revolte ist abgeblasen - vorerst

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Fraktionschef Georg Schmid steht zwar weiter in der Kritik, aber es findet sich keiner, der seinen Sturz anführen will.

Katja Auer

Mehr zuhören, fordert Georg Schmid, in Dialog treten mit den Menschen. Über Demographie, Globalisierung, Digitalisierung. Der CSU-Fraktionschef ist wild entschlossen, nur über sein Zukunftsprogramm zu sprechen, als er am Montag in Wildbad Kreuth zur Klausur seiner Fraktion erscheint. "Wir sind nicht gewählt für die Vergangenheit", sagt er. Oder: "In der Politik wird es nicht verlangt, dass du jeden Tag zurückblickst." Minutenlang redet er, macht keinen unnötigen Atemzug, in den sich eine Zwischenfrage quetschen könnte. Nach seinem Rücktritt zum Beispiel.

CSU-Fraktionschef Georg Schmid. (Foto: Foto: dpa)

Die anderen Parteien geht er heftig an. Allein die CSU sei in der Lage, die Zukunft Bayerns zu gestalten, sagt er und beansprucht die "Meinungsführerschaft" für seine Partei. Schließlich sei nur die CSU eine Volkspartei, selbst der Koalitionspartner FDP sei nur eine "Klientelpartei".

Seinen Führungsanspruch demonstriert Schmid an diesem schneegrauen Tag vor dem einstigen Staatsbad, hinter dessen Mauern sich schon manche Debatte verselbständigt hat. Edmund Stoiber wurde vor drei Jahren bei der Fraktionsklausur abgesägt. So etwas soll es diesmal nicht geben. "Wir werden keine Personaldiskussion führen. Die Menschen haben dafür überhaupt kein Verständnis." Seine Ansage ist deutlich: Er will bleiben.

Dem jovialen Schwaben war in der Vergangenheit mehrfach mangelnde Führungskraft vorgeworfen worden. Zudem stand er in der Kritik, weil er als Verwaltungsratsmitglied der Bayerischen Landesbank am Kauf der maroden Hypo Group Alpe Adria beteiligt war und als Letzter immer noch ein hohes politisches Amt bekleidet. Die Affäre um die Milliardenverluste der Landesbank beutelt die CSU, das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Wirtschaftskompetenz schwindet, und von den einstigen Spitzen, die die Expansion der Landesbank vorangetrieben hatten, ist wenig zu hören. Die Opposition forderte schon den Kopf des Fraktionschefs, und etlichen in der CSU wäre es recht gewesen, wenn er gerollt wäre.

Aber Schmid wäre nicht mehr gewesen als ein Bauernopfer, diese Einsicht setzt sich durch. Und so ist die Revolution abgeblasen, ehe sie überhaupt richtig geplant war. Zwar gab und gibt es Abgeordnete, die gerne eine gesehen hätten, sie aber nicht führen wollten. Potentielle Nachfolger wurden genannt, Umweltminister Markus Söder etwa, aber es fand sich niemand, der für ihn den amtierenden Fraktionschef meucheln wollte. "Ich glaube, dass die Revolutionäre kalte Füße bekommen haben", stichelt der Lichtenfelser Christian Meißner. Einige mahnen zur Ruhe. "Ich hoffe, dass die, die sich so wichtig nehmen, sich zurückhalten", sagt der Oberbayer Klaus Stöttner.

Nach wie vor ist die Fraktion nicht einig, es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum Schmid gestützt wird. Die einen wollen sich keinen Chef von außen diktieren lassen, andere mögen Söder nicht oder einen anderen der gehandelten Kandidaten, die dritten wollen einfach Ruhe. Eine Personaldebatte sei nicht nötig, sagt der Augsburger Abgeordnete Johannes Hintersberger, ,,und wir dürfen uns nicht von außen personelle Entscheidungen aufdrücken lassen''. Die Fraktion sei gut beraten, sich in Kreuth mit Sachthemen zu beschäftigen, sagt der Oberpfälzer Albert Füracker. Allerdings warnt er davor, einfach weiterzumachen wie bisher. Die Stimmung im Land sei nicht gut, "dazu brauche ich keine Umfrage". Die Menschen erwarteten, dass ihre Probleme gelöst würden, dafür müsse die Fraktion auch personell gut aufgestellt sein, sagt Füracker. ,,Es findet hier keine Revolte und keine Revolution statt, sondern Sacharbeit'', sagt der frühere CSU-Chef Erwin Huber. In der Debatte um die BayernLB fordert Huber ein selbstbewussteres Auftreten seiner Partei. Die Opposition versuche, "eine Art Krieg oder Vernichtungskampf gegen die CSU zu führen". Hier müsse "man widerstandsfähiger sein".

Einige geben als Ziel der Klausur aus, das Verhältnis zwischen Fraktion und Staatsregierung zu verbessern. "Ich erwarte, dass uns der Ministerpräsident seine Version eines Programms für Bayern vorlegt und dass wir diese Vision kameradschaftlich diskutieren", sagt der Hofer Alexander König. Horst Seehofer will seine Ideen für Familie, Bildung und Innovationen vorstellen und das mit denen der Fraktionen zusammenführen.

Zunächst tagt in Kreuth der erweiterte Fraktionsvorstand, die Sitzung sei sehr sachlich losgegangen, berichten Teilnehmer. Von Revolution keine Rede. Nun wird mit Spannung die Umfrage des BR-Politmagazins kontrovers erwartet, bei der viele CSU-Politiker Werte von unter 40 Prozent für ihre Partei befürchten.

© SZ vom 12.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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