CSU-Fraktion:Stehaufmännchen Georg Schmid

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Die CSU-Fraktion wählt Georg Schmid erneut zum Chef, noch am Dienstag war seine Wiederwahl extrem gefährdet.

Katja Auer und Heiner Effern

Georg Schmid durfte sich am Mittwoch als das fühlen, was man landläufig einen Duselbauern nennt. Das ist einer, der immer auf die Füße fällt, der Glück hat, auch wenn es längst nicht danach aussieht. Schmid ist am Mittwoch wieder zum Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion gewählt worden. 72 Abgeordnete stimmten für den 55-Jährigen, 17 dagegen, drei enthielten sich. Ein Ergebnis von 80,9 Prozent ergibt das nach der Rechenweise der CSU, die Enthaltungen nicht einbezieht.

Georg Schmid hat Glück gehabt: Die CSU-Fraktion hat ihn erneut zu ihrem Chef gewählt - trotz aller Kritik. (Foto: Foto: ddp)

Für Schmid ist das ein schlechtes Ergebnis, nimmt man jene 98,2 Prozent zum Maßstab, die er noch vor einem Jahr erhielt. Und doch ist es auch ein erstaunlich gutes Resultat dafür, dass es tags zuvor noch viele gab, die eine Wiederwahl verhindern wollten. Er selbst nennt es nachher ein "Signal von Aufbruch und Geschlossenheit".

Gerettet hat Schmid der Friedenswille, der wieder einmal in der Partei ausgebrochen ist. Innenminister Joachim Herrmann und Wissenschaftsminister Thomas Goppel hatten zurückgesteckt und Horst Seehofer den Vortritt für die Beckstein-Nachfolge gelassen.

Jetzt wollte auch die Fraktion keine Köpfe mehr rollen sehen. "Es muss endlich Schluss sein", so die einhellige Meinung. Also wählten sie Seehofer mit einem ebenfalls nicht berauschenden Ergebnis von 88,4 Prozent zum Kandidaten fürs Amt des Regierungschefs. Und der schlug dann Schmid vor.

Missglückte Revolution

Hätte Seehofer das nicht getan, wäre sein eigenes Ergebnis noch schlechter ausgefallen, erklärt einer, der sich auskennt mit den Befindlichkeiten. Denn der gescheiterte Putsch gegen Schmid wird maßgeblich den Oberbayern angelastet und damit auch Edmund Stoiber, der im Hintergrund immer noch die Fäden zieht.

Dass Stoiber Seehofer unterstützte, ist für diesen in der Fraktion zudem ein Makel, denn der frühere Ministerpräsident ist nicht mehr gern gesehen unter den Abgeordneten. Und ein bisschen Trotz spielte bei Schmids Wahl auch mit, denn noch am Morgen hatte sich der niederbayerische Bezirkschef und Europaabgeordnete Manfred Weber ebenso wie CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer für eine Verschiebung der Abstimmung ausgesprochen.

Und von Leuten, die nicht einmal ein Landtagsmandat haben, lassen sich die Abgeordneten traditionell überhaupt nichts sagen. Nur einer meldete sich nach der Wahl. Goppel soll gemahnt haben, dass "die Kontinuität für viele nicht einfach war, und das weißt du, Georg".

Schon einmal profitierte Schmid von einer vertrackten Situation. Vor einem Jahr hatte Ministerpräsident Günther Beckstein seinen damaligen Innenstaatssekretär bei der Kabinettsumbildung aus dem Ministerrat geworfen und ihn der Fraktion vor die Nase gesetzt. Statt im Innenministerium endlich den begehrten Ministersessel einzunehmen, musste sich Schmid mit dem Landtag begnügen. Sehr zum Unmut der Abgeordneten, die sich vom Ministerpräsidenten niemanden oktroyieren lassen wollten - schon gar nicht seinen treuen Staatssekretär.

Doch die Revolution, die Siegfried Schneider anstelle von Schmid als Fraktionschef vorsah, geriet zum Zwergenaufstand. Und für Schmid zum Triumph. Schneider wollte nicht, auch kein anderer Gegenkandidat ward gefunden. Mit 98,2 Prozent wählten die Abgeordneten Schmid zu ihrem Anführer, und niemand konnte sich erinnern, dass es ein solches Ergebnis zuvor gegeben hatte.

Mit dieser Zustimmung wuchs Schmids ohnehin schon stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein weiter an. "Klare Linie, klarer Kurs", machte er zu seinem Motto und stellte es bei der Entscheidung über das Nichtraucherschutzgesetz gleich unter Beweis. Der Entwurf der Staatsregierung, der ein Rauchverbot mit Ausnahmen vorsah, wurde in der Fraktion so lange kontrovers diskutiert, bis Schmid die Regie übernahm: Er schlug eine strenge Regelung ohne Ausnahmen vor.

Die Abgeordneten, überrumpelt von der eigenen Courage, stimmten mit und freuten sich an ihrer Beschlussfreudigkeit. Erst später, als empörte Raucher der CSU die Gefolgschaft verweigerten, forderten viele eine Korrektur. Heute räumt Schmid ein, dass die Entscheidung zu schnell gefallen sei.

Spät allerdings, mancher wirft ihm vor, das Gesetz zu arrogant vertreten zu haben. Ein Schlag für den jovialen Schwaben, der das CSU-Motto "Näher am Menschen" wie kaum ein anderer verkörpert und daheim in Donauwörth dafür verehrt wird, dass er sich um jeden Gullydeckel persönlich kümmert.

Doch auch in der Heimat schwand die Gunst: Erreichte er 2003 noch das stolze Ergebnis von 72,2 Prozent bei der Landtagswahl - das zweitbeste - waren es diesmal noch 52,9 Prozent.

Nun wird Schmid sein strenges Rauchverbot doch lockern müssen, das fordert auch die FDP. Ohne großen Gesichtsverlust könnte das bei den Koalitionsverhandlungen gelingen.

© SZ vom 09.10.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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