Bayern:Der CSU-Brandbrief ist eine Verzweiflungstat

Von Berlin aus betrachtet mag das Schreiben wie eine der üblichen Drohgebärden aus Bayern wirken. Doch er ist lediglich ein Ausdruck der Ohnmacht.

Kommentar von Daniela Kuhr

Um es vorsichtig auszudrücken: Das, was Bayern da am Dienstag initiiert hat, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Da schickt doch tatsächlich die Staatsregierung einen Brief nach Berlin und fordert den Bund zu vier konkreten Maßnahmen auf, um das Flüchtlingsproblem zu lösen. Sollte er nicht "unverzüglich" handeln, werde Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.

Spontan meint man, sich verhört zu haben. Wie bitte? Die CSU klagt gegen die Bundesregierung, an der sie selbst beteiligt ist? Nein, heißt es prompt aus Bayern. Nicht die CSU klage, sondern der Freistaat. Tja, wie sagt man so schön? Hund san s' scho.

Was sich die CSU davon erhofft

Wer jetzt aber das Vorgehen nur für ein Possenspiel hält, liegt falsch. Weder der bayerische Innen- noch der Justizminister hatten irgendetwas Polterndes an sich, als sie den Brief vorstellten. Zwar mögen die Chancen einer Klage gering sein, doch aus Sicht der CSU ist sie die letzte Möglichkeit, die Kanzlerin doch noch zu einer Wende in der Flüchtlingspolitik zu bewegen.

Brandbrief
:Das fordern CSU-Abgeordnete von Merkel

In einem Brandbrief zeichnen sie ein düsteres Bild: Die Belastungsgrenze sei erreicht, die Stimmung schlecht wie nie - und die Flüchtlingsfrage drängender denn je.

Von Ingrid Fuchs

Dass man damit einen Bruch der Koalition in Kauf nimmt, wie die SPD behauptet, ist Unsinn. In der CSU weiß man sehr genau, dass man sich damit um jeden Einfluss bringen würde.

Von Berlin aus betrachtet mag der Brief wie eine der üblichen Drohgebärden aus Bayern wirken. Doch er ist kein Ausdruck von Kraftmeierei, sondern von Ohnmacht. Eine Art Verzweiflungstat.

© SZ vom 27.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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