Bobby-Car-Fahrer Oppel:Alles andere als Kinderkram

Lesezeit: 3 min

Der Coburger Raimond Oppel fährt mit Rutschautos Weltmeisterschafts-Rennen. Ein Gespräch über Spitzengeschwindigkeiten mit Kinderautos - und was die Polizei besonders begeistert.

Roman Deininger

Raimond Oppel, Rechtspfleger aus Coburg, ist 38 Jahre alt und leidenschaftlicher Bobby-Car-Fahrer. Wenn er sich in voller Schutzmontur auf das kleine Rutschauto setzt, dann nicht zum Spielen. Raimond Oppel will Tempo machen, er fährt Rennen mit seinem Bobby-Car. Roman Deininger erklärt er, wie er es mittlerweile zum viermaligen Weltmeister brachte.

NRW-Meisterschaft im Bobby-Car-Rennen in Silberg Zwei Bobby-Car-Piloten nehmen am Samstag (02.05.2009) im sauerländischem Silberg an der NRW-Meisterschaft im Bobby-Car-Rennen teil. Bis zu 70 Kilometer pro Stunde erreichen die getunten Spielzeugautos auf der rund 400 Meter langen, abschüssigen Strecke. Bereits zum 15. Mal wurden in dem 500-Einwohner-Dorf Silberg die NRW-Meisterschaften ausgetragen. Knapp 2000 Besucher verfolgten den Wettbewerb. Foto: Marius Becker dpa/lnw +++(c) dpa - Bildfunk+++ (Foto: dpa)

SZ: Herr Oppel, das Bobby-Car ist ja eigentlich ein Rutschauto für Kinder von zwei Jahren an.

Raimond Oppel: Darf ich da gleich eine Geschichte erzählen?

SZ: Klar.

Oppel: Einer meiner Kumpels ist mal im Straßengraben gelandet und hat sich zehn Minuten später an nichts mehr erinnert. Im Krankenhaus hat er erst mal geschlafen. Als er aufgewacht ist, hat er den Ärzten ganz ernst gesagt: "Ich bin mit einem Kinderrutschfahrzeug den Berg hinuntergestürzt." Die im Krankenhaus dachten, sie hätten alles schon mal gehabt. Aber das hatten sie noch nicht.

SZ: Wie sind Sie denn überhaupt auf die Idee mit dem Kinderrutschfahrzeug gekommen?

Oppel: Meine Freunde und ich hatten schon immer Flausen im Kopf, wenn es um Geschwindigkeit ging. Wir sind Rollerskates gefahren, Skateboards und Seifenkisten. Und dann haben wir uns halt auf dem Flohmarkt Bobby-Cars geholt. Damit sind wir bei uns in Coburg ins Veilchental runtergedonnert.

SZ: Und das haben die Dinger mitgemacht?

Oppel: Nicht lange, irgendwann sind die Räder durchgeschmort. Die fallen einfach ab, das ist nicht gut. Ich bin dann zum Hersteller und habe für zehn Leute Ersatzteile besorgt. Die von der Firma haben mich gefragt, wie viele Kinder ich denn habe. Ich habe ihnen erklärt, dass Kinder da keine Rolle spielen. Dann haben sie mich auf die Rennen hingewiesen. Die haben Mitte der 90er in Nordrhein-Westfalen angefangen.

SZ: Was sagen denn neue Bekannte so, wenn Sie ihnen von der Rutschauto-Sache erzählen?

Oppel: Wenn jemand richtig skeptisch ist, setze ich ihn einfach mal auf ein Bobby-Car drauf. Und dann sage ich ihm: 100 Kilometer pro Stunde auf so einem Teil, den Körper zwanzig Zentimeter über dem Asphalt. Da kriegt plötzlich jeder Respekt.

SZ: Fahren Sie mit dem Rutschauto auch Semmeln holen?

Oppel: Ich wohne zwar auf dem Berg, aber da habe ich andere Geräte dafür. Meinen Roller oder mein Cabrio. Ich habe aber sicherheitshalber recherchiert, dass man mit einem Original-Bobby-Car im Straßenverkehr als Fußgänger gilt. Falls doch mal ein Polizist nachfragt.

SZ: Hat mal einer?

Oppel: Nein, aber als wir den Geschwindigkeitsweltrekord aufgestellt haben, 115 Stundenkilometer, hat die Polizei das für uns mit dem Laser gemessen. Die waren total begeistert.

SZ: Wie macht man ein Spielzeuggefährt so schnell?

Oppel: Durch Tuning. Da ist natürlich viel Geheimnistuerei dabei. Man weiß nicht, mit was die Konkurrenz die Kugellager ölt.

SZ: Das machen Sie in der Garage?

Oppel: Im Wohnzimmer. Ich bin kein großer Handwerker, ich setze voll auf Aerodynamik: Gewicht erhöhen auf die maximal erlaubten 40 Kilo, ich gieße den Plastikkörper einfach mit Beton aus. Dann die Achsen stärken und gute Felgen drauf. Viele drehen die selber. Manche gehen in den Windkanal mit ihren Autos. Es gibt nichts, was es nicht gibt.

SZ: Im Internet steht was von Plüschsitzen.

Oppel: Ja, aber das ist bloß ein Gag. Einer hat auch mal eine Titanplatte auf den Unterboden geschraubt, damit beim Bremsen richtig die Funken fliegen.

SZ: Das Bremsen ist wohl nicht ganz leicht bei Tempo 100.

Oppel: Man muss die Beine schon mit Nachdruck auf die Straße bringen. Einer hat sich einen Bremsfallschirm eingebaut, der geht auf Knopfdruck auf.

SZ: Der Weltmeister braucht so was nicht?

Oppel: Nein. Da muss ich übrigens ein bisschen einschränken.

SZ: Bitte.

Oppel: Na ja, Weltmeister kling natürlich toll. Aber Rennen gibt es nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und eins in Luxemburg neuerdings.

SZ: Trotzdem gut.

Oppel: Der Hersteller hat mir sogar mal Autogrammkarten gedruckt.

SZ: Kann man Geld verdienen im Rutschauto-Geschäft?

Oppel: Vielleicht mal 100 Euro Preisgeld. Man muss das aus Spaß machen, es kommt ja noch das Training dazu.

SZ: Öha.

Oppel: 200 Sit-Ups jeden Tag, die Bauchmuskulatur muss ja in der Waage bleiben. Aber momentan mache ich nicht mehr so viel, ich brauche Zeit für meinen Sohn.

SZ: Ist so ein Rutschauto überhaupt was für Kinder?

Oppel: Theo ist jetzt vier Monate, das ist noch zu jung. Aber in zwei, drei Monaten darf er mal Probesitzen.

© SZ vom 16.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: