Betrunken im Taxi:Ein teures Malheur

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Wer sich auf dem Heimweg vom Oktoberfest im Taxi übergibt, muss für den Schaden zahlen - so ein Urteil. Doch auch der Fahrer ist nicht immer ganz unschuldig.

Ekkehard Müller-Jentsch

Für Taxifahrer ist das größte Bierfest der Welt Segen und Fluch zugleich: Einerseits stehen die Fahrgäste praktisch Schlange - andererseits wissen die Chauffeure nie, in welchem Zustand sich ihre Kunden gerade befinden. Passend zum Beginn der Jubiläumswiesn verkündete das Amtsgericht München ein ernüchterndes Urteil: Wenn die letzte Maß vielleicht doch mal schlecht war und dem fröhlichen Zecher im Taxi ein Malheur passiert, kann es ziemlich teuer werden: auf jeden Fall für den Fahrgast - für den Droschkenlenker aber manchmal auch.

Wer zu viel getrunken hat, sollte den Autoschlüssel in der Tasche lassen und ein Taxi nehmen - heißt es. Dass man es auch dabei mit der Trunkenheit und den Folgen nicht übertreiben sollte, zeigt nun ein Gerichtsurteil. (Foto: Robert Haas)

Nach einem Besuch auf dem Oktoberfest 2009 wollte sich ein Münchner mit seiner Freundin im Taxi nach Hause fahren lassen. Doch schon bald wurde dem Mann übel und er musste sich übergeben. Der Taxifahrer ließ das verschmutzte Auto reinigen. Zusammen mit dem Verdienstausfall stellte er dem Fahrgast dafür 241 Euro in Rechnung.

Weil der nicht zahlen mochte, kam der Streit vor das Amtsgericht. Das sei doch nur passiert, weil der Typ betrunken war, machte der Chauffeur der Richterin klar. "Das ist so nicht richtig", entgegnete der Beklagte: "Zu Fahrbeginn habe ich mich noch total fit gefühlt." Er habe auch nur zwei Maß Bier in vier Stunden getrunken, sei deshalb keineswegs stark alkoholisiert gewesen. "Außerdem habe ich es dem Fahrer doch sofort gesagt, als mir schlecht wurde." Dieser habe jedoch nicht gleich angehalten, obwohl es ihm durchaus möglich gewesen wäre - "er hat mich nur beschimpft".

Unstreitig habe der Fahrgast das Taxi beschmutzt, befand die Richterin gleich zu Beginn der Verhandlung: "Das stellt eine Pflichtverletzung des Beförderungsvertrages dar." Der Mann sei zumindest angetrunken gewesen, habe also grundsätzlich mit dem Eintritt solch eines Schadens rechnen müssen. Dann befragte die Richterin neben den beiden streitenden Männern auch die Lebensgefährtin des Beklagten. Anschließend zeigte sie sich davon überzeugt, dass der Mann und die Frau den Taxler tatsächlich vor dem peinlichen Vorfall darum gebeten hatten, möglichst schnell anzuhalten, weil dem Mann schlecht sei.

Unwillkürliche körperliche Reflexe

Trotzdem habe der Fahrer dieser Bitte zunächst nicht Folge geleistet. Allerdings lasse sich nicht mehr feststellen, wie eindringlich und nachdrücklich diese Bitten waren, meinte die Richterin - "und ob sich für den Taxifahrer die Situation tatsächlich so eilig dargestellt hatte, wie sie offensichtlich war".

In ihrem Urteil sprach sie dem Taxler deshalb eine Mitschuld zu und ließ ihn damit auf der Hälfte seiner Kosten sitzen. "Ein Mitverschulden des Taxifahrers ist dann anzunehmen, wenn der Fahrgast gebeten hatte, anzuhalten, dieser Bitte aber nicht Folge geleistet wurde", heißt es zur Begründung. Das Urteil ist rechtskräftig.

Unter Juristen ist zwar anerkannt, dass "unwillkürliche körperliche Reflexe" normalerweise nicht als "schuldhafte Handlung" anzusehen sind. In der Rechtsprechung liegt der Vorwurf gegen den Zecher deshalb nicht beim Übergeben, sondern schon beim Einsteigen: Wer so viel Alkohol getrunken habe, dass er es körperlich nicht verkrafte, dürfe eben kein Taxi nehmen - und schon gar nicht ohne weitere Vorkehrungen, wie etwa einen Beutel.

Juristen sehen auch die weiteren Konsequenzen ganz nüchtern: Einem Fahrer könne nicht zugemutet werden, nach solch einem Vorfall selbst sein Auto reinigen zu müssen, nur weil das billiger wäre. Und für die Zeit des Saubermachens dürften die Taxifahrer auf jeden Fall den Nutzungsausfall als Schadensersatz verlangen.

© SZ vom 21.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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