Bericht:Forensik wird überprüft

Lesezeit: 1 min

Nach Doppelmord in Rott ist unklar, wie sich der Täter in Straubing umbringen konnte

Von Matthias Köpf, Rott am Inn

Drei Monate nach dem Doppelmord im oberbayerischen Rott am Inn bescheinigt ein Zwischenbericht des Amts für Maßregelvollzug der Forensik in der Wasserburger Inn-Salzach-Klinik, im Umgang mit dem mutmaßlichen Täter keine formalen Fehler begangen zu haben. Der 25-Jährige, der seit einem Tankstellen-Überfall 2010 wegen einer psychischen Krankheit in der Wasserburger Forensik untergebracht war, hatte einen unbegleiteten Spaziergang auf dem freien Klinikgelände zur Flucht genutzt. Knapp vier Wochen später erstach er im nahen Rott eine 73-Jährige und eine 66 Jahre alten Mann. Mitte Mai hat er sich in der Forensik in Straubing erhängt. Daran hat die Straubinger Staatsanwaltschaft nach der Obduktion keine Zweifel mehr.

Das erst vor zwei Jahren geschaffene Amt für Maßregelvollzug in Nördlingen untersucht auch diesen Suizid in Straubing, wohin der kurz nach der Bluttat in Rott verhaftete Mann gebracht worden war. Die Klinik in Straubing ist Bayerns Hochsicherheits-Forensik, dennoch konnte sich der mutmaßliche Doppelmörder dort nachts in seinem Einzelzimmer das Leben nehmen. Der junge Mann war nach anfänglicher Beobachtung auf eine offene Therapiestation verlegt worden, weil es keine Anzeichen auf suizidale Absichten gegeben habe. Allerdings hatte er nach seiner Verhaftung schon einen Suizidversuch unternommen, über den auch die Straubinger Klinik unterrichtet gewesen sein muss. In Straubing soll er zumindest autoaggressives Verhalten gezeigt haben.

Mit der Untersuchung des Suizids hat das Amt für Maßregelvollzug eine erfahrene Sachverständige aus einem anderen Bundesland beauftragt. Sie soll - jenseits der eingehaltenen formalen Regeln - auch die fachlichen Entscheidungen in Wasserburg überprüfen, aufgrund derer der Mann den gesicherten Bereich der Forensik allein verlassen durfte. In der Vergangenheit waren ihm mehrere solcher Lockerungen gewährt und wieder gestrichen worden, bis hin zum Probewohnen außerhalb der Klinik. Weil er für seinen Überfall auf die Tankstelle schon sehr viel mehr Zeit hinter den Mauern der Forensik verbracht hatte, als er dafür im Gefängnis hätte einsitzen müssen, stand schon seine Entlassung durch das Gericht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Raum. Nach seinem Tod können die Entscheidungen in Wasserburg nur noch nach Aktenlage beurteilt werden.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: