Bayreuth: Stadtrat versteigert Festspielkarten:Wagners Tauschring

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Zwei Karten für Lohengrin, beste Plätze: Auf Ebay hat Andreas Küffner damit einen satten Gewinn gemacht. Dafür hat er nun woanders mächtig Ärger: Der Mann sitzt für eine junge Wählergruppierung im Bayreuther Stadtrat.

Roman Deininger

Auf Karten für die Bayreuther Festspiele muss mancher ewig warten. Man kann die Sache allerdings abkürzen, indem man sich in den dortigen Stadtrat wählen lässt. Zwei Tickets kriegt man dann jedes Jahr, nicht umsonst, aber verlässlich.

Lohengrin-Aufführung in Bayreuth: Wagner wäre von dem Angebot auf Ebay vermutlich nicht sonderlich begeistert gewesen. (Foto: ag.ddp)

Andreas Küffner von der jungen Wählergruppierung "BT go!" hatte sich den "Lohengrin" am 27. August ausgesucht, gute Plätze, Parkett rechts, Reihe 14. Er sei ein "Wagnerianer", sagt er, man mag sich also gar nicht ausmalen, wie es ihn geschmerzt haben muss, als er feststellte, dass er ausgerechnet am 27. anderweitig gebunden ist.

Jurastudent Küffner, 23 Jahre alt und nebenbei noch Kreisvorsitzender der Jungen Union, war 2008 gemeinsam mit seinem Mitstreiter Oliver Gerhards in den Stadtrat eingezogen. Seither kann sich das distinguiert auftretende "Go!"-Duo über mangelnde Aufmerksamkeit nicht beklagen. Da waren zunächst Küffners Eltern, die eine Zahnarztpraxis betreiben und schon vor der Wahl ihre Patienten mit Werbung für ihren Sohn versorgt hatten. Dieser fand nichts bei der Sache, im Gegensatz zum Landesamt für Datenschutzaufsicht.

Im Wahlkampf hatten die beiden Kandidaten auch empört Anwürfe zurückgewiesen, ihnen könnte es an Unabhängigkeit fehlen. Hinterher ergab sich doch sehr rasch eine Fraktionsgemeinschaft mit der CSU. Unlängst leitete dann Anwalt Gerhards einem Mandanten vertrauliche Unterlagen aus dem Bauausschuss zu, 250 Euro Ordnungsgeld musste er berappen.

Überdies tauchte eine Mail auf, in der er mit präzisen Empfehlungen aufwartet, wie man Stadtratskollegen von einem umstrittenen Bauvorhaben überzeugen könnte ("Spenden nützt hier, glaube ich, nichts, also sparen Sie sich das Geld lieber"). Gerhards, 31, entschuldigte sich später dafür, dass er "das Gremium im Ruf geschädigt" habe.

Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass auch Küffner demnächst zur Abbitte antreten wird. Er hat seine "Lohengrin"-Karten nämlich bei Ebay feil geboten. 400 Euro hatte er dafür bezahlt, für 1509 Euro trennte er sich von ihnen. Er habe nicht gewusst, dass sie nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind, beteuert Küffner.

Ein Festspielsprecher und Bayreuths OB Michael Hohl (CSU) zeigten sich irritiert bis erzürnt. Hohl sagte, man erinnere sich schließlich an Wolfgang Wagners Haltung zum Schwarzmarkt. Der einstige Herr am Grünen Hügel hängte sogar Fotos von Schwarzhändlern auf, um vor ihren Machenschaften zu warnen.

Vielleicht ist Andreas Küffner aber einfach nur zu jung, um sich des alten Wagner zu erinnern.

© SZ vom 25.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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