BayernLB-Chef Werner Schmidt:Himmlische Führung

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Bei der BayernLB geht es ans Eingemachte. Den ehemaligen Managern drohen hohe Schadenersatzforderungen. Bankenchef Werner Schmidt stand über allem, doch Fehler hat er gemacht wie jeder Sünder.

K. Ott, M. Hesse und N. Richter

Werner Schmidt war ein altmodischer Bankchef, neue technische Spielereien waren ihm zuwider. Lange hatte er seinen Vorstandskollegen weder Laptop noch Blackberry genehmigt. Er selbst verschickte keine E-Mails, hatte nicht einmal einen Computer in seinem Büro.

Er gab die Richtung vor, auch wenn nicht klar war, welche es sein sollte. Werner Schmidt regierte die Bayerische Landesbank autokratisch. (Foto: dpa)

Außerdem legte Schmidt großen Wert auf Hierarchien. Er mochte es nicht, wenn Untergebene von sich aus das Gespräch mit ihm suchten, erst recht nicht, wenn sie sich profilieren oder bei ihm absichern wollten. Schmidt erwartete, dass sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alles Nötige selbst veranlassten. Solange alles normal lief, wollte Schmidt nicht außerhalb der üblichen Berichtstermine belästigt werden.

Schmidt regierte in der Bayerischen Landesbank also eher autokratisch. Er stand weit über allem, seine Stellvertreter galten noch als Erzengel, und wer darunter war, hatte still auszuführen.

Jetzt, da die katastrophalen Geschäfte der Bank aufgearbeitet werden, steht der frühere Herrscher Schmidt in vorderster Reihe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn; und die Bank, die er inzwischen verlassen hat, fordert wohl bald Schadensersatz von ihm persönlich. Das hat Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) angekündigt, der im Verwaltungsrat der Bank sitzt.

Das Privatvermögen einklagen - "bis zum Haus"

Schmidt hat den Kauf der maroden Kärntner Bank Hypo Alpe Adria wie kein anderer betrieben. Leider war das Geschäft am Ende kein gutes, und es hat die BayernLB (und den Steuerzahler) Milliarden gekostet. Aus der bayerischen CSU/FDP-Regierungskoalition heißt es, bei den Hauptverantwortlichen wolle man das gesamte Privatvermögen einklagen, "bis zum Haus".

Heikel ist die Lage auch für Michael Kemmer. Er hat von Schmidt einst den Chefposten bei der BayernLB geerbt und ist vor wenigen Wochen zum Geschäftsführer des deutschen Bankenverbandes (BdB) gewählt worden. Nun ist der neue Verbandsmann belastet durch eine drohende Zivilklage. In Bankenkreisen heißt es, dass Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und BdB-Präsident Andreas Schmitz, die die Nominierung Kemmers betrieben hatten, sich mit dieser Personalie verzockt hätten. "Die sind auf dem falschen Fuß erwischt worden", sagt ein Insider. Aus Bankenkreisen heißt es, man habe mit einer möglichen Klage gegen Kemmer gerechnet.

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Die Anwaltskanzlei Hengeler Mueller ist jedenfalls im Auftrag der BayernLB zu dem Ergebnis gekommen, dass der damalige Vorstand unter Schmidt bei einer "Gesamtschau aller Erwerbsumstände" die österreichische Bank nicht hätte kaufen dürfen. Ausdrücklich erwähnt wird dabei die Due Diligence, also der Prozess, in dem Experten der BayernLB die Bücher der Hypo Alpe Adria geprüft hatten. Diese Fachleute haben ausgesagt, damals sei alles äußerst dubios gewesen. Die Überprüfung sei wie eine Geheimaktion abgelaufen und unter enormem Zeitdruck, die Dokumentation in Klagenfurt sei äußerst schlecht gewesen.

All diese Bedenken sind offenbar so nicht beim Vorstand in München angekommen, oder aber der Vorstand wollte sie nicht zur Kenntnis nehmen. Die Staatsanwaltschaft hat Schmidt gefragt, ob er auch außerhalb von Vorstandssitzungen davon erfuhr, wie schleppend die "Informationsgewinnung" seiner Leute in Österreich verlief. Schmidt sagte, er habe davon nichts erfahren. Womöglich war das Klima im Haus auch nicht so, dass jemand seine Bedenken mit dem Vorstandschef teilen wollte. Die Mitarbeiter spürten, dass ein Erfolg Pflicht war.

Schmidt hat mehrmals bei der Staatsanwaltschaft München ausgesagt, die ihn unter anderem der Untreue und Korruption verdächtigt. Schmidt hat sich in diesen Vernehmungen auch als Mann dargestellt, der selbst ein Getriebener war. Der von der CSU dominierte Aufsichtsrat der Bayerischen Landesbank setzte ihn erheblich unter Druck zu expandieren, wobei Ende 2006 die Übernahme einer anderen österreichischen Bank misslungen war. Schmidt musste Ergebnisse liefern. Der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser hatte vorgegeben, dass es kein weiteres Scheitern geben dürfe.

Alles-oder-Nichts-Einstellung

Als die Verhandlungen zum Kauf der Hypo Alpe Adria liefen, war Schmidt dann zusätzlich noch unter Zeitdruck. Die Außenwelt durfte von dem möglichen Deal nichts erfahren, denn dann hätten Konkurrenten womöglich noch mitgeboten und den Preis nach oben getrieben. Schließlich verhandelte das Land Kärnten als Verkäufer der Hypo Alpe Adria mit einer Alles-oder-Nichts-Einstellung. Die Bayern sollten die Bank nehmen oder nicht, aber Ausstiegsklauseln oder Preisabschläge sollten im Vertrag nicht stehen. Dies alles führt die Gutachter von Hengeler Mueller zu dem Ergebnis, dass man die Hypo damals überhaupt nicht hätte kaufen dürfen.

Schmidt hat in einer Vernehmung gesagt, die Hypo Alpe Adria habe zwar einige Mängel offenbart, aber keinen echten Dealbreaker, also keinen sehr schweren Makel. Er habe sich natürlich selbstkritisch gefragt, ob es die BayernLB schaffen werde, neben dem Alltagsgeschäft auch noch eine Bank wie die Hypo Alpe Adria zu integrieren und zu restrukturieren.

Schmidt hat dem Vorstand dann seine Bedenken mitgeteilt und gesagt, das Ganze werde nur klappen, wenn man die besten Leute aus dem Haus einsetze; alle müssten dann an einem Strang ziehen. Alle Vorstände hätten dies versprochen, erzählte Schmidt, und darauf habe er sich dann auch verlassen.

© SZ vom 20.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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