Seltene Vogelart:"Aus der Ferne hab ich gedacht, das ist aber ein großer Stein"

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Ein Habichtskauz im Tierpark Nürnberg. Inzwischen brütet der seltene Vogel auch wieder in freier Wildbahn. (Foto: N/A)

Vor 100 Jahren lebten Habichtskäuze noch in Bayerns Wäldern, dann wurden sie ausgerottet. Nun wurde erstmal wieder ein Tiere außerhalb der Parks gesichtet - die erste Begegnung war allerdings eher traurig.

Von Christian Sebald, Bodenmais

Im Nationalpark Bayerischer Wald leben viele sehr seltene Tiere. Der Habichtskauz (Strix uralensis) ist ein Paradebeispiel dafür. Die Eulenart, die bis zu 60 Zentimeter groß werden kann und vor allem Mäuse jagt, war im Bayerischen Wald einst weit verbreitet, wurde dort aber in den Zwanzigerjahren ausgerottet. Inzwischen lebt im Nationalpark wieder eine kleine Population. Sie geht zurück auf Wiederansiedlungen in den Siebzigerjahren. Jetzt hat erstmals im Staatswald ein Habichtskauz-Paar gebrütet. Aus Sicht des Vize-Chefs des Nationalparks, Jörg Müller, ist das ein toller Erfolg. "Die Brut zeigt nicht nur, dass der Habichtskauz inzwischen auch Wälder außerhalb des Nationalparks besiedelt", sagt Müller, "sondern vor allem, dass sich extrem seltene Arten sogar in Wirtschaftswäldern wohlfühlen können." Der Staatswald mit dem Habichtskauz-Nest liegt nahe dem Ort Klingenbrunn und wird von den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) betreut.

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Entdeckt hat die Brut der Forstwirt Eric Niedermaier. "Ich war auf einer Forststraße unterwegs, da seh ich am Boden etwas Großes, Graues", berichtet Niedermaier. "Aus der Ferne hab ich gedacht, das ist aber ein großer Stein." Plötzlich hat sich der vermeintliche Stein bewegt. Also ist Niedermaier näher ran. "Dann war klar, dass das ein ungewöhnlicher Vogel war, er war hilflos, ein Flügel war lahm", sagt Niedermaier. "Gleich drauf hab ich in einem Baum neben der Straße ein Geschwisterchen entdeckt und die Mutter hat die ganze Zeit fürchterlich geschimpft." Der Forstwirt hat sich nicht abschrecken lassen, mit dem Handy ein Foto gemacht und an Förster Mathias Knippel geschickt. Der erkannte gleich die hochkarätige Entdeckung und verständigte Nationalpark-Vize Müller.

Der junge Habichtskauz war so verletzt, dass er nicht im Wald bleiben konnte. Deshalb brachten Müller und die BaySF-Leute ihn in eine Station des Nationalparks. Dort sollte er aufgepäppelt werden. Das Vorhaben misslang. Der Zustand des Vogels verschlechterte sich so sehr, dass er eingeschläfert werden musste. Derweil suchten Knippel und Müller nach dem Brutplatz. Habichtskäuze nisten bevorzugt in alten Bäumen, in die schon größere Löcher gefault sind, auf abgebrochenen Bäumen mit muldenartigen Vertiefungen an der Oberseite oder in verlassenen Greifvogel- oder Schwarzstorchhorsten. Ein Gelege umfasst für gewöhnlich drei bis vier Eier. Nippel entdeckte schließlich das Nest. Es befindet sich auf einer mächtigen, abgebrochenen Buche, die noch über die umgebenden Bäume hinausragt. Bei den BaySF sind sie zuversichtlich, dass die Elterntiere zumindest ein weiteres Junges groß kriegen. Im Nationalpark leben laut Müller nur zwölf bis maximal 20 Habichtskauz-Brutpaare. "Dieses Jahr haben wir elf Bruten dokumentiert", sagt der Nationalpark-Vize. "Wir wissen aber nicht, ob sie erfolgreich waren." Auf tschechischer Seite ist der Bestand ähnlich klein.

© SZ vom 29.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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