Wegen des überraschend starke Zuzugs nach Augsburg steht die Stadtspitze unter Zugzwang. Seit 2011 stieg die Zahl der Neubürger sprunghaft an, um bis zu 5000 jährlich auf nun 293 000 Einwohner. Von den Wohnungsreserven, die die Schwabenmetropole zuvor noch hatte, ist nichts mehr übrig. Das schwarz-rot-grüne Regierungsbündnis im Rathaus startet deshalb eine "Offensive Wohnraum Augsburg". Dabei sollen nicht nur Tausende Wohnungen neu gebaut werden. Überdies will Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) die Augsburger dazu bewegen, leer stehenden Wohnraum zu vermieten und zu große Wohnungen gegen kleinere zu tauschen.
Auch weil sich immer mehr Menschen für Augsburg als Wohnort entscheiden und nicht etwa fürs noch immer deutlich teurere München, platzt die Fuggerstadt inzwischen aus allen Nähten. 23 000 Einwohner mehr als noch im Jahr 2011 - diese Entwicklung brachte auch einen Anstieg der Nettokaltmieten von 21 Prozent in fünf Jahren mit sich. Zurzeit werden durchschnittlich 8,60 Euro je Quadratmeter Mietwohnung bezahlt. "Vor ein paar Jahren hätte niemand gedacht, dass ein so hoher Bedarf an Wohnraum in Augsburg entstehen würde", sagt Dominik Hoppe, Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBG. "Auch hier werden für Immobilien mittlerweile Mondpreise gezahlt."
Wirtschaft:Aufsteigerstadt Augsburg
Die schwäbische Metropole wird bald auf mehr als 300 000 Einwohner wachsen. Viele Menschen wenden sich von München ab, weil das Leben in der Nachbarstadt angenehm und bezahlbar ist.
Damit die Entwicklung nicht völlig außer Kontrolle gerät, hat die Stadt ein Bündel von Maßnahmen ausgearbeitet. Zentraler Punkt in diesem Katalog ist der Neubau von 10 000 Wohneinheiten in den kommenden zehn Jahren. Nach den Angaben von Baureferent Gerd Merkle kann die Stadt dafür sofort Flächen mit einer Gesamtgröße von rund 30 Hektar zur Verfügungen stellen. Relativ kurzfristig, also in den nächsten fünf Jahren, sollen weitere 13,5 Hektar baureif gemacht werden. "5000 neue Wohnungen in den nächsten fünf Jahren", hat sich der OB zum Ziel gesetzt.
Die gleiche Zahl soll in den folgenden fünf Jahren dazu kommen. Realisiert werden die Bauvorhaben von der städtischen WBG einerseits und von Akteuren auf dem freien Markt andererseits. Um dies zu koordinieren, will Gribl einen Fachbeirat bilden, in dem sich Bauträger, Architekten, Makler und auch Banker abstimmen. Zudem soll das Personal bei der Bauverwaltung und der WBG aufgestockt werden.
Bis die neuen Wohnungen fertiggestellt sind, greift die Stadt aktiv in den Mietmarkt ein, um weitere Preissprünge zu dämpfen. In diesem Sommer soll der erste Mietspiegel für Augsburg vorgestellt werden, an dessen Werten sich Vermieter bei Mieterhöhungen orientieren müssen. Zudem führt die Stadt eine Mietpreisbremse ein.
Kreative Maßnahmen für mehr Wohnraum
Mit kreativen Maßnahmen versucht Augsburg überdies, bislang leer stehenden Wohnraum wieder auf den Markt zu bringen. "Es gibt viele Fenster, die abends dunkel bleiben", sagt Gribl. Diese gehörten oft zu nicht vermieteten Wohnungen. Nach schlechten Erfahrungen mit Mietern ließen etliche Eigentümer ihre Wohnungen lieber leer stehen. Die Wohnungsbaugesellschaft WBG soll sich nun den Eigentümern anbieten: entweder als Verwalter der Wohnungen oder gleich als Generalmieter, um die Räume dann in Eigenregie weiterzuvermieten. Der Eigentümer bekäme zuverlässig seine Miete und müsse sich sonst um nichts mehr kümmern, sagt Gribl.
Auch ältere Menschen, die alleine in zu großen Wohnungen oder Häusern leben, will die Stadt ansprechen und zu einem Umzug animieren. Es ist geplant, dass eine "Taskforce Bau- und Wohnberatung" durch die Stadtteile tourt und die Menschen direkt anspricht. Dabei sollen auch die Möglichkeiten einer Gebäudeaufstockung, eines Ausbaus von Dachgeschossen oder eines Anbaus thematisiert werden. Speziell für junge Familien, die sich keine Immobilie leisten können, läuft bereits ein Programm, in dem die Stadt Grundstücke im Erbbaurecht anbietet.
Momentan leben in Augsburg bis zu 1000 Wohnungslose, die sich keine eigene Bleibe leisten können und meist bei Freunden oder Bekannten unterkommen.