Augsburg:Ein Bürgermeister, allein zuhaus

Lesezeit: 2 min

In Augsburg geht alles schief: der Stadionbau, der Theaterbau und auch sonst eilt OB Kurt Gribl von Notfall zu Notfall.

Stefan Mayr

Kurt Gribl (CSU) war früher Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr. Heute ist er Augsburgs Oberbürgermeister, und seit seinem Amtsantritt 2008 hat er mehr Brände gelöscht als je zuvor. Seit Wochen und Monaten eilt Gribl von einem Brandherd zum anderen, kaum ist die eine Stelle ausgetreten, wird er schon zum nächsten Notfall gerufen.

Kurt Gribl: Der CSU-Politiker ist Oberbürgermeister von Augsburg. (Foto: dpa)

Jedes Mal ist der Aufschrei groß, und alle denken: Schlimmer geht's nimmer. Geht es aber doch. Denn seit Freitag steht fest: Der Bau der Interimsspielstätte des Theaters muss nach monatelangem Hin und Her neu ausgeschrieben werden. Zudem entzieht Gribl seinem Kulturbürgermeister Peter Grab das Projekt - damit steht die Koalition mit seinem Juniorpartner Pro Augsburg vor der größten Zerreißprobe seit ihrem Bestehen.

Es ist nicht die erste peinliche Panne, die der Stadtregierung von CSU und Pro Augsburg unterlaufen ist: Das von der Stadt verhängte Dönerverbot in der Innenstadt wurde vom Verwaltungsgerichtshof in der Luft zerrissen; im umgebauten Eisstadion sehen die Fans nichts, und dann fallen auch gleich zwei Referenten seit Monaten krank aus.

Angesichts dieser Zustände fragte jüngst ein Leserbriefschreiber in der Lokalzeitung: "Was ist für meine gebeutelte Heimatstadt besser? An- oder Abwesenheit des Großteils dieser Riege?" Ist Gribl von Versagern umgeben? Oder ist er selbst schuld daran, wenn seine Leute Fehler machen? SPD-Stadtrat Willi Leichtle formuliert es so: "Feuer löschen ist ja schön und gut, aber mir wäre ein OB lieber, der die Brände erst gar nicht entstehen lässt."

OB Gribl musste am Freitag eingestehen, dass die Ausschreibung zum Bau des sogenannten Theater-Containers so fehlerhaft ist, dass sie neu aufgerollt werden muss. Zuvor schon war die Vergabe mehrmals verschoben worden und die Kostenkalkulation von 4,2 auf 6,9 Millionen Euro angestiegen. "Damit keine Fehler passieren, wird die neue Ausschreibung das Hochbauamt in Absprache mit der Regierung von Schwaben erstellen", sagt Gribl.

Einen Verantwortlichen für die Panne nennt er nicht. Aber er siedelt das Projekt nun vom Kulturreferat ins Baureferat um. Dies sei "keine Strafaktion", so Gribl, "wir haben nur gemerkt, dass wir nachbessern müssen und klare Zuständigkeiten brauchen." Bislang war formal der Eigenbetrieb Theater für die Ausschreibung zuständig. Dieser wurde von den Experten im Baureferat unterstützt.

Es ist bereits der zweite grobe Fehler, der dem Baureferat unterlaufen ist - nach der dubiosen Vergabe des Eisstadion-Umbaus und den umstrittenen Umplanungen am Stadtrat vorbei. Wie schon in der Stadionaffäre scheint es auch diesmal so, als würden die regierenden CSU-Männer ihren Baureferenten Gerd Merkle in Schutz nehmen und mit dem Finger auf den schwächsten im Bunde zeigen: Kultur- und Sportreferent Peter Grab vom kleinen Koalitionspartner Pro Augsburg.

Doch dieses Schwarze-Peter-Spiel will die fünfköpfige Fraktion von Pro Augsburg nicht mehr mitmachen. Ihre Vorsitzende Beate Schabert-Zeidler kündigt für die nächste Koalitionssitzung an: "Wir werden die Krallen zeigen." Sie bezeichnet den Umgang mit Pro-Augsburg-Mann Grab als "bodenlos" und fordert den Oberbürgermeister auf, klarzumachen, dass eine Bauvergabe nicht Sache des Kulturreferenten, sondern des Baureferenten sei. Zudem fordert sie Gribl ultimativ auf, bis März die Dienstfähigkeit der zwei dauerkranken Referenten Andreas Bubmann (Wirtschaft) und Walter Böhm (Ordnung ) zu klären. Seit Monaten muss die Stadt ohne diese Referenten auskommen, in durchaus wichtigen Ämtern.

Die Zukunft des Theater-Containers ist unterdessen unsicherer denn je. Je teurer er wird und je länger er dauert, desto weniger Verständnis haben die Bürger für diese Übergangslösung. Zumal die Stadt seit 2003 Pläne für ein dauerhaftes Schauspielhaus in der Schublade hat. Die SPD fordert nun ein Disziplinarverfahren gegen Kulturreferent Peter Grab, weil dieser den Stadtrat falsch informiert haben soll. Grab selbst schiebt die Schuld von sich: "Was man nicht weiß, kann man nicht beurteilen."

© SZ vom 12.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: